Skip to main content

Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

sind sie Zu Hause. 
S. Kracauer. 
Schlimmer hatte die Wahl nicht getroffen werden können. 
Mem Raffinement sondergleichen sind genau die Entwürfe 
Mit 
aus- 
Pro- 
Ver- 
Der Wötkerbundsrai soll entscheiden; 
Um den VölkerlmndspülasL. 
Wir haben rm gestrigen Ersten Morgenblatt die Meldung ge 
bracht, daß von dem Fünferkomitee für die Auswahl des Bau- 
prgojekts für das neue Völkerbundsgebäude der Entwurf von Nenot 
und Flegenheimer zur Ausführung bestimmt worden ist. Den Ver 
fassern ist auferlegt, sich zur Ausarbeitung des endgültigen 
jekts mit den Architekten Broggi, Vaccaro und Fmnzi in 
bindung zu setzen. 
findig gemacht, in denen ein längst verschollener Ungeist schran 
kenlos waltet. Nenot und Flegenheimer haben sich mit der Reiß 
schiene eine Architektur aus geheckt, die den Fassadenschematismus 
eines Postgebäudes mit der abgelebten Feierlichkeit einer Säulen- 
kolonnade mechanisch zusarnmenbringt. Jene anderen Entwerfer 
«aber, die ihnen zur Unterstützung beigegeben sirrd, haben mit 
gigantischen Motiven so toll gewirtschaftet, daß einem Hören und 
Sehen vergeht. Die Kuppel ist noch das Geringste. Vorne eine 
SLulenkombination — ohne Säulen geht es bei Palästen auf Reiß 
brettern nicht ab —, die Kernini hinter sich laßt. Oben aus dem 
Dach eine Statuen-Versammlung und Gäule, lauter Gäule. Wer 
soll auf ihnen davonreiten? Die Delegierten? 
Das sind die Entwürfe, aus deren Vereinigung die Kommission 
das zukünftige Völkerbundsgebäude gewinnen will. In eine 
Schablonenarchitektur, die niemals lebendig war, möchte sie den 
Völkerbund hineinpressen, der das Leben der Nationen regelt. Das 
darf und kann nicht geschehen. Denn die lächerlichen Monumente, 
die hier mit einem unerhörten Mangel an Spürsinn hervor 
geholt worden sind, Widerstreiten dem Geist, der in Europa 
herrschen soll. Es ist eine Unmöglichkeit, daß das repräsentative 
Haus, in dem dis Geschichte der Völker entschieden werden, eine 
Totgeburt ist, wie sie nur je auf dem Papier stand. 
Die endgültige Wahl des Bauprojektes steht dem Völker 
bundsrat Zu. Wir erwarten, daß er stch eines Besseren be 
sinnt. Er sollte sich noch einmal mit den Projekten befassen, die 
ihm die Sachverständigen vorgeschlagen haben. Unter keinen Um 
standen darf er es Zulassen, daß die Völkerbundsversammlung 
zwischen SäuM, Statuen und GäulM tagen muß, die das Zeichen ! 
einer vergangenen Epoche sin^ Wiederkehr eben der Völker-! 
KuM mdMttg zu verhindern 
bemüht. Umso beweiskräftiger wirkt die Verrenktheit der Welt. 
Solange nicht der Heizer nach oben durchbricht, ist ihr Tag 
die Nacht. * 
In jeder seiner Aeußerungen hat sich Kafka zu der Strenge 
einer solchen WelLansi bekannt. Sie ist zugleich eine Strenge^ 
des Worts. Gedanke und Wort vereinen sich auch in dem 
Amerika-Buch und verbürgen sich' wechselseitig ihren Bestand. 
Es ließen sich hier und dort Einwände erheben: Zu gewichtig 
vielleicht werden die Dinge des Alltags genommen, zu wenig 
ausgespsnnen sind gewiß die sozialen , Motive und Prmeste, 
die gerade in diesem Roman mehr als in den anderen an- 
Nngen. Wer Kafka ist jung gestorben,und seine Werke ent- 
Zichen sich von einer gewissen Grenze an der Diskussion. Sie 
sind Dokumente, die gedeutet zu werden verlangen. In einer 
Sphäre, die kaum jemand außer Kafka auch nur betreten hat, 
Der alte Fritz. Wieder ein Friderieus-Film: er wird in den 
Bieberbau-Lichtspielen gezeigt. Otto Gebühr, .der 
beste Fridericus-Rex-Darsteller der Welt", wie es auf einem Propa 
gandablatt hertzt, spielt den König in der Galachaise, mit dem 
Krückstock, den Windhunden, in Sanssouci. Der Film hat keine 
Handlung, sondern illustriert Episoden und Anekdoten, die Zum 
Teil der offiziellen Geschichtsschreibung angehören, alles nach dem 
HuberLusburger Frieden, mit friedlichen BildtiLeln versehen. Da 
gegen läßt sich« nichts sagen, nur fehlt dem Stück der Zusammen 
hang. Durch die amourösen Afsären des jungen Thronfolgers wird 
- eine Avt von Verbindung herzustellen gesucht. Die Massenszenen 
(etwa der EinZug des Kömgs in Berlin) sind ein wenig Power 
ausgefallen^_ ___ U g. 0 
— Fräulein Laura — Mne Witwe» Das ist ein reizendes Lust 
spiel, das jetzt im Capital vorgeführt wiüd. Laura ist natürlich 
Laura La Plante, die sich, um einen reichen Junggesellen zum 
Abschluß einer Lebensversicherung zu bestimmen, als Witwe Heines 
angeblich von den Kannibalen vertilgten Freundes, eines! Afrika 
forschers, ausgibt. Kaum ist sie etngMhrt, erscheint der tot« 
geglaubte Forscher, ein nett-er Junge, und es ergeben stch zahl 
reiche Mißverständnisse und komische Situationen, die man sich 
am besten selbst ansteht. Daß die Situationen mitunter recht pikant 
sind, ist in amerikanischen Gesellschaft filmen neuerdings die Regel. 
Läura hat «eines jener ausdruckslosen, doofen Großstadtmädchen 
gesichter, aus denen die verhaltene Frechheit enLZLÄend hervor- 
bricht. Vor allem das ZusammenMel von Händen und Mienen 
ist bei ihr stets charmant. Auch die Gegenspieler stnd gut aus ¬ 
? gewählt. Das Tempo dürfte etwas rascher sein. Für die Feiertage 
ist der Film, der auch nette Titel hat (so fällt einmal der Aus 
druck: „Ueber die seelischen Hemmungen der Kannibalen") sehr 
zu empfehlen Tuen. 
-- FaschirNMamArr. Harry Liedtke und Grete MoA- 
heim bestreiken die Hauptrollen dieses Films der Alemannia- 
Lichtspiele Er stürzt einen in eine Menge seelischer Auf 
regungen. und erst Zu allerletzt weiß man,, daß man nicht weinen 
muß. Liedtke, dieses erotische und zugleich moralische Genie, steht 
Zwischen Zwei Frauen: der reichen und .der armen, für die er sich 
natürlich entscheidet. Die Mosheim gibt ihr etwas von dem 
rührenden Wesen der Gish, sie ist lieb in ihrer Hilflosigkeit mit 
den Zusammengesalteten Händen. Welche Tücken ersinnt die kapri 
ziöse Reiche, um ihren Liedtke der anderen abspenstig zu machen 
und ihn allein für sich zu gewinnen. Wer vergebens; zum 
Glück. Ein Palais, ein Variete, ein Opernball sind die Hinter 
gründe, vor denen die Handlung sich abwickelt, die dazu bestimmt 
ist, ein breiteres Publikum Zu ergreifen. Bendow und 
BienAfelK spielen mit. 
-- Im Luxuszug. Zu den Feiertagen bringt der Gloria 
Palast diesen nach einem Stück von Abel Hermant verfilmten 
Schwank, mit Damm und Dran verziert und recht nett aufgemacht. 
Es handelt sich um eine Liebesasfäre in einem Milieu von Thron 
prätendenten und Verschwörern. Ort natürlich Paris. Die Liebes 
abenteuer in den verschiedenen Gesellschaftschichten sind sich ziem 
lich gleich, aber in den oberen Sphären sieht das Publikum wenig 
stens die Eleganz und den Reichtum über die es selber nicht ver 
fügt. Aufgeväppelt durch Szenen im Luxuszug und anderes Bei 
werk entwickelt sich die Keine. Liebesintrige nach Wunsch. Prächtig 
und pmrchös ist M San druck, die immer etwas an den alten 
Bismarck erinnert. D Pärchen wird von dem schicken Windhund 
Ernst V e r e bes und der feschen Dina Gralla verkörpert. 
Julius Falke nstein Zeigt seine Begabung für Trottels, Jda 
W üst saug^wie ein Vakuumreiniger Männer an. R. 3. e 3.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.