Die kleinen Idylle sind
füllte Saal bewies, daß
emeinde hat. Das Pu-
--- sEW Grab am Nordpols Dieser Foxfilm — er wird zur
Zeit in den Frankfurter Ufa-Lichtspielen gezeigt — ist von
den Brüdern Snow gedreht worden, die im Jahre 1924 in die
Arktis vordrangen. Ihr Ziel war die Heroldsinsel, die nur alle
zehn bis zwölf Jahre einmal angelaufen werden kann. Dort suchten
und fanden sie die Ueberreste eines Teil der SLeffenson-Expedi-
Lion, die zehn Jahre vorher unternommen worden war.
Anders als die üblichen „Kulturfilme" begnügt sich dieser nicht
damit, mehr oder weniger interessante Ausschnitte vorzuführen,
sondern gibt eine geschlossene, dichte Handlung, Er vergegenwär
tigt die allmähliche Einkehr in die Eiswelt, das langsame
Anwachsen des Eises um die Menschen. So ausführlich berichtet
der Film und so gut ist er geschnitten, daß man mit allen Sinnen
spürt, wie die Einsamkeit sich mehrt, das Packeis zunimmt und
Gaukelbilder der KUte vor den Augen schwirremMe ein Phantom
steht zuletzt die Heroldsins-vl in der Lust. Und es ist von erschüt
ternder Folgerichtigkeit, daß Gräber Heu Schluß bilden.
Wunderbare Tier- und Jagdaufnahmen gehen den Erscheinun
gen des Todes voran. Robbenbullen führen ihr glitschiges Dasein
zwischen Wasser und Fels, gewaltige Renntierherden flüchten vor
den paar Menschen in die Oede. Das ist überhaupt das Los aller
lebendigen Wesen in dieser Zone: sie tauchen aus dem Nichts
auf und verschwinden wieder im leeren Raum, der mächtiger ist
als sie. Walfisch, Walroß und Eisbär geistern durch die anorganische
Natur. Die Kamera hat sie peinlich genau festgehalten, und die
Folge der Bilder vermittelt wirklich einen Eindruck von dem
gespenstigen Walten der Geschöpfe in der lautlosen Kristallwelt.
Vor allem wird das Geheimnis des Eisbars erschlossen, der über
tretende Schollen ins Meer und wieder auf Schollen
schlüpft, endlos weiter im trüben Licht. Wen verwundert es noch,
daß er im Zoologischen Garten fortwährend auf und ab läuft und
immer mit dem Kopf nickt? Das Nicken repetiert nur die Monotonie
der Heimat.
Fast erregender noch als die Fauna — zu ihr gehören auch die
Eskimos, deren Gesichter mit der rätselhaften Runenschrift unzäh
liger Falten bedeckt sind — ist das Phänomen des Eises. Es ragt
in der Gestalt ungeheurer Gletscherberge aus dem Meer, ein nie
zu betretendes Land, ein ewiges Gegenüber. Es schwimmt wie ein
in seine kleinsten Elemente zersprengter Wer auf der Wasser
fläche umher. Es weicht vor dem Schiffsbug zurück und schließt
sich darr nur um so fester zusammen. Die Zähigkeit, mit der es nach
und nach die Dinge umschnürt und sie in seinen Tod hinein«
ziehen mochte, flößt Grauen ein. Nicht umsonst heißt das
Grauen kalt.
Man. sollte sich dieses Bilddokument ansehen, aus dem nur die
Titel entfernt werden müßten, deren Asterpoesie abscheulich ist.
(Auf der Heroldinsel wird u. a. eine Taschenuhr gefunden, die
einem der verschollenen Expeditionsteilnehmer gehörte. Der Titel
lautet: „Eine Taschenuhr! Tickte sie den Entschlafenen das Toten
lied?" Weg damit.) Von dem Schönheitsfehler des Textes abge
sehen, ist der Film ein bedeutendes Zeugnis von den Rändern
der bewohnten Regionen. k 3, aL.
Mob? Keile. Zur Erholung vom der DanaideMrbeiL verläßt er
vyn Zeit Zu Zeit die WektbHne und bereist. Holstein, die VoG
die Phrenäem UrrpoMsche Oasen, in denen er sich wie ein
Privatmann mit der Natur unterhält Meditationen ausspinnt,
und. ab und zu .sogar seNLimenM wird.
dem. Kriegsmann. M — Der gefüllte
Tucholsky auch in Frankfurt eine MM Gemeinde hat. Das Pu
blikum jubelte radikal; beklatschte gerade die billigsten Apercus am
! lautesten. Es wird sie verdient haben.. Kr. i
xTUrMM irr Kr'arrkfE) T uch olskh' las gestern
abend. rn F r änkfu r L' aus eigenen Werken. Fährt er in der
.MelLUHne" mU dahin, so verdoppelt er durch den münd
lichen Vortrag die Zahl der Personen, Er schnarrt
und kommandiert, als sei er der Inbegriff des PreußenLums plap
pert, wie ein, Kaffeekränzchen und trifft, den entschiedenen Kompro
mißton der S. P. D. , So reden-, sie, die StaatZanwälte, die Mili
tärs, die.Spießbürger, die. SpHen. der Behörden, so gebärden sie
-sich. - Nachdem.er. die Widersacher aufgepäppelt hat, macht er ihnen
rmind- und schlM den. Prozeß - mit Kübeln
Berliner Witzes, durchbohrt sie mit Zahllosen Pointen. Mitunter stet-
gert sich die Aggressivität Zu gutem Rebellentum, oder es geraden
jene Bänkelsängers die eine- schöne und nützliche Unruhe
verbreiten. Da wächst kein Gms mehr, sollte man nach dem Stück
-Der letzte Ruf" und nach EoupletZ wie dem:. „Haben Sie schon
mal - . ." denken. Doch das Gras wächst noch, und der Nationalis
mus, die Reaktion auf allen Gebieten und . die jaule Bürgerlichkeit
sind quicklebendig wie nie Zuvor, Verschlägt es angesichts ihrer
Macht sonderlich viel- daß Tucholsky oft Ziemlich wahüos in seinen
Mitteln ist? Er pfeffert hinein, was er gerade hat, läßt sich weder-
auch übers Ziel hinaus. Aber groben Klötzen gehören schließlich
5^- , 2->>^/N-z
Die große Leidenschaft. Rugby ist die große Leidenschaft,
sonst nichts als Rugby. Ferner die Liebe. Lil Dag 0 ver, die
eine Pariser Schauspielerin ist, liebt einen schwarzen eleganten
Rugbymeister in den Pyrenäen. Der nimmt auch das Geschenk
ihrer Liebe an, aber sozusagen im Nebenberuf, denn in Wirklich
keit liebt er nur Rugby. Und die blonde Mary zieht er allein
darum der Schauspielerin vor, weil sie die Rugbvleidenschast m^t
ihm teilt. Die Handlung ist nicht nur reichlich blöd, sondern Frau
Dagover sieht auch alt aus. Was sollen diese Nichtigkeiten die
noch dazu von einer lächerlichen Weltfremdheit sind? Erwähnens
wert sind höchstens ein paar Äufna^rm^^m^Pariser Stadion,
und von den sportlichen Kämpfen. — Zum Glück läuft im Bei
programm der Bieberbau - Lichtspiele ein von Eecil de!
Mrlle geschickt gemachter Film: „Gärende Jugend" der
emen ganz interessanten Ausschnitt aus dem Leben amerikanischer -
äugend zergt. kaoa.
--- jEm Heüseher-FLLm.j In dem Film: -Die Hellseherin"
soll die Bedeutung des Hellsehens für die Erforschung von Ver
brechen veranschaulicht werden. Ein Mord ist begangen worden
und auf Grund von Indizien wird ein Unschuldiger verdächtigt:
die Hellseherin soll den Justizirrtum rechtzeitig verhindern. Soll
es, tut es aber faktisch nicht. Daß sie es nicht tut, kann nur auf
die Eingriffe der Oberfilmprüfstelle zurückzuführen sein, der dem
Vernehmen nach der Film wiederholt vorlag. Tatsächlich macht
der Film in seiner Zweiten Hälfte einen durchaus verstümmelten
Eindruck. Zwar verfällt die Hellseherin am Tatort in Trance,
aber man erfährt nicht, was sie sieht, und die Entdeckung der
wirklich Schuldigen ist nicht, wie es der Anlage des Films nach zu
sein hätte, auf sie zurückzuführen, sondern scheint das Verdienst
des Kriminalkommissärs zu sein. Das Hellsehen wird also eher
diskredidiert als propagiert. Nun sind wir ja auch höchst skeptisch
gegen die Anwendung unkontrollierbarer übersinnlicher Me
thoden und meinen gewiß nicht, daß dort, wo die Kunst der
Kriminalpolizei zu Ende ist, die des Hellsehens zu beginnen habe.
Das Walten der Filmzenfur indessen hat ebenfalls seine Haken.
Sie hat sich gegen den Filmtriumph der Hellseherin gesträubt wie
ern Gaul, der nicht vom Fleck will, wenn er Geister in seiner
Nähe spürt. Wahrscheinlich aus der Furcht heraus, daß ein Erfolg
des Hellsehens das Publikum Zum Glauben an die Kraft der
Medien und zum Unglauben an die Polizei bestimme. Das mag
unerwünscht sein, war jedoch kein Grund zu einem Verbot oder
zur Verstümmelung. Die Filmzenfur hat nicht die Aufgabe, der
Vormund des Volks zu sein, sie darf nicht Dinge ausmerzen
wollen, die nur unbequem sind. Es ist das Zeichen der furchtbaren
Kulturreaktion, in der wir stehen, daß die Zensur sich nicht mehr
mrt ihrer ergentlichen Verpflichtung begnügt, das blank Anstößige
zu untersagen, sondern dazu übergeht, die Gedanken und Gesin
nungen zu reglementieren; daß sie uns die positiven Inhalte vor
schreiben möchte, wo sie doch lediglich das schlechterdings Unmög
liche Zu verwehren hätte. — Zum Film selbst: die bekannte Hell-
seherrn Frau Günther-Geffers tritt in ihm auf und hat
glaubhafte Trance-Zustände. Im übrigen wird ein mittelmäßiger
Krrminalfall auf mittelmäßige Weise behandelt. Durch die Mit
wirkung Fritz Kortners und Erna Morenas darf der Film einiges
Interesse beanspruchen.
Dur Aufführung des Films in den
Frankfurter Alemannia-Lichtspielen.)
Ä 6 8».
l3eitschrrftett-SchMr.I Das neue Heft der Zeitschrift:
,,DLe Kreatur" (Lambert Schneider, Berlin), deren Haltung
5ä^chNamen der Herausgeber Martin Buber, Viktor von
Weizsäcker und Joseph Wittig gekennzeichnet ist, enthält u. a. eine
Auseinandersetzung zwischen Eberhard Grisebach und Hermann
Herrigel. Auf die knappste Formel gebracht, gelten im übrigen auch
die Aufsätze dieser Nummer dem Bemühen, die Wirklichkeit frerzu-
legen und den Menschen in sie einzusetzen.
! «« Unpolitischen Jtalienliebhabern bietet das Marzheft der von
Werner von her Schulenburtz henmKMg ebenen Zeitschrift:
„Italien" (Niels Kampmann, Heidelberg) einige Berichte und
Kuriosa, die mit dem Fascismus nichts zu tun haben. So wür
digt etwa Alberto Gentili die Mauro Foa-Sammlung alter Musik
wecke in der Nationalbibliothek von Turin. Gleich abseitigen Cha
rakters ist die Mehrzahl der anderen Beiträge, und nur in einem
von ihnen werden die Leistungen der fascistischen Regierung für
die Aufforstung gepriesen.
Martin Stoß hat in dem Marzheft der Zeitschrift: „Die
Tat" (Eugen Diederichs, Jena) emen beachtenswerten Aufsatz
über Remarque geschrieben.
Das neue Heft des „Archivs für Buchgewerbe und
Gebrauchsgraphik" (Deutscher Buchgewerbeverein, Leipzig)
bringt eine kritische Erörterung von Emil Köditz über die heute
viel geübte Photomontage.
In der letzten Nummer der von Arthur Müller-Lehning gut
geleiteten holländischen Zeitschrift: „i 40" findet man einen Auf
satz Rudolf von Labans über Tanz und Musik und einige Film
glossen von radikaler Haltung.
m 9" dem Marzheft der Zeitschrift: „Die Form" (Hermann
Reckendorf, Berlin) finden sich Ausführungen S. KracauerS
über den Film der Gegenwart; ferner mehrere bebilderte Aufsätze
über moderne Archrtekturlösungen.