selber gekündigt. Der Chef Meb fortan ungestört an seinem
Schreibtisch und widmete sich mit allen Kräften dem Riesenunter-
nchmen weiter. Las ihn vergnügte...
., Wahrscheinlich wird er es Nacht für Nacht so treiben. Wenn
sie Gaste das Lokal verlassen haben und die Lichter erloschen sein
werden wird er noch immer in den Apparat sprechen, ohne daß
»hm Mhörte, und Briefe beantworten, die ihm niemand ge-
schütt hat. Die Rohrpostsendungen werden hin- und herfliegen,
und an den leeren Tischen werden Signale erglühen. Und er
geiagt von Dämonen der Geschäftigkeit, wird im Dunkeln mutter
seelenallein das Amüsement tätigen, zu dem er verdammt ist.
S. Kracauer.
Ueber den musikalischen Honsitm.
Berlin, Ende Oktober.
Unsere Tonfilrnproduktion hat sich auf eine bestimmte Richtung
festgelegt, die eine von mehreren möglichen ist und nicht die bestes
Im Glauben, daß das Hauptelement des Tonfilms der Ton sei,
belastet man diesen allein. Und da man die Nachteile erkannt hat,
die^ ein Uebermaß des gesprochenen Worts für die Montage mit
sich bringt, sucht man den Ton dort auf, wo er zwar ebenfalls die
Handlung lahmt, aber doch rein als Ton eine bedeutende Wirkung
erzielt. So sind die vielen Tenor- und Schlagerton
filme entstanden, die heute unsere Kinos überfluten. Ihre Vor
herrschaft beruht auf einem Mißverständnis, dem nachzugeben frei
lich bequem ist. Tatsächlich ist der Tonfilm mindestens ebenso sehr
Film wie Ton, und nur dann, wenn das Optische gleichberechtigt
neben das Akustische tritt, kann er sich als Gattung erfüllen. Rene
Clair hat bisher als der einzige in seinem Werk: „Unter den
Dächern von Paris" die Kräfte abgewogen, die das Auge antreffen
und zum Ohr hindrängen; worauf ich gelegentlich der Berliner
Aufführung ausdrücklich Angewiesen habe. Zum Unterschied von
seinem Film, der eine Verheißung ist, begnügen sich, jene M
scheu Erzeugnisse damit, die Tonleistungen durch Bilder zu illustrie
ren, die selber das Ganze nicht tragen und auch keinen visuelles
Zusammenhang haben. Um davon zu schweigen, daß in ihnen außer
den filmischen Effekten die Geräusche über Gebühr vernachlässigt
werden. Und gerade sie warten darauf, im Tonfilm erschlössen zU
werden, der ihnen dasselbe Leben schenken muß, zu dem einst der
stumme Film dem Spiel der Schatten und Lichter verhalf.
Für die hier gekennzeichnete Richtung ist der im Ufa-Palast
am Zoo angelaufene Film: -D ie singende Sta d t" reprä
sentativ. Eine mit Geschmack hergestellte Komposition, die dem ein
seitigen Prinzip, nach dem auch sie verfährt, alles abgewinnt, was
aus ihm herauszuholen ist. Sie setzt gewissermaßen den Schluß
punkt unter die Abart des musikalischen Tonfilms. Weiter geht es
nach dieser Seite nicht mehr, und man sollte nun endlich einen
Weg verlassen, der eine Sackgasse ist.
Die Fabel besteht aus einem Tenor und einer reichen Wiener
Dame, die sich beide vor schönen Ansichtskarten aus Neapel, CaM
und Pompeji bewegen. Der Tenor ist Fremdenführer und fingt,
und die reiche Dame liebt ihn eine Zeit lang. Nachdem die Zeit
verstrichen ist, kehrt er wieder aus Wien, wohin ihn die Dame mit
genommen hatte, in seine Ansichtskartenheimat zurück und fährt
fort, zu singen und die Fremden zu führen. Carmela heißt seine/
eigentliche Freundin. Dieser schlechte, längst verjährte UnLerhal-
Lungsroman, ist übrigens insofern geschickt arrangiert, als sich der
Tenor nur dort hören läßt, wo es die Fabel verlangt. Während
sonst, umgekehrt, die Fabel in der Regel ein Anhang zu den Musik
nummern ist.
Der Regisseur Carmine Gallone hat eine Szene geschaf
fen, die den Ulm überragt. Am Vorabend seines Wiener Kon
zerts wandelt der Tenor in Begleitung des alten Pförtners durchs
nächtliche Konzertgebäude. Sie stoßen auf den Klavierstimmer, der
zwischen Soffitten den Flügel prüft. Die verlorenen Klänge et-
innern den Wächter an jenen Abend, an dem vor Jahrzehnten der
damals noch unbekannte Caruso das Lied: „Ach, wie so trügerisch"
sang. Unser Tenor will dem alten Mann eine Freude machen und
beglückt ihn ebenfalls mit dem Lied, dessen Inhalt nachzuempfin-
den er im Augenblick allen Grund hat. Gleichzeitig schweift der
Blick durch den leeren Riesensaal, in dem der Alte sitzt, dringt nach
oben und bleibt an den tanzenden, zitternden Lichtern des Kron
leuchters haften. Das Miteinander des Gesangs und der einsamen
Lichter ist ein Gehalt, den darzustellen nur der Tonfilm vermag.
(Schade, daß sich verschiedene grobe Mängel eingeschlichen Habens
so die verrückte Filmarchitektur und die Orchesterbegleitung zu
Freilichtgesängen.)
In der Rolle des neapolitanischen Sängers glänzt Jan
Kiepura, dessen Stimme nun mitsamt seiner Figur der Nach
welt a-ufbewahrt bleiben wird. Brigitte Helm ist von der
Regie ausgezeichnet eingesetzt worden. Erfreulich vor allen!, daß
sie ohne jede Uebertreibung spielt und nur durch die präraffaelitische
Erscheinung und eine zarte Mimik wirkt. Ein entzückender Junge
ist der kleine Francesco Maldaees, den die FilmexMLion-
wie es beißt, unten in Italien auMtrieben hat.
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unä äurob ibn allein äarMbotenen Leäsutun^en 2U
ermitteln. lVobei es sieb keines^eM äamit be-
senilst, äis beäeutenäen kbänomene naeb ^rt äer
kbänomenolosie 2U besobreibsn, sondern Lusleieb
ibre Interpretation unternimmt. 8is sesobiebt im
srollen unä san2sn vom marxistiseben Ltanäpnnkt
aus. (genauer: auk Orunä senässer an Rulllanä
orientierter ^.nsobauunsen.
LalaW vervärkliobt seine ^belobten auk eins
metboäisob riebtise ^Veise. Die materialistisobe
Dialektik binäsrt ibn äaran, seinen Ltokk unter
iäealistisobe Oberbesrikke ru brinsen. äie so ab
strakt väe leer sinä. 8ie binäsrt ibn niebt äaran,
sieb äsn eisentümlieben Intentionen äer Oebalte
2U ökknen, äie im Dilm auktauebsn. Lin Verkabren,
äas L^veikellos äurob äie Kenntnisse besünstist, ^vo
niebt ermosliobt ^irä, äie Lala2S als Dilmpraktiker
sssammelt bat. lob babe sobleebte Dilms von ibm
seseben. k'ilms. äie neäer teebuiseb überreu^ten,
noeb iäsolosiseb senilsten, ^.ber slsiobviel: seinem
j tätisen Verbältnis 2um Material bat es äer ^boo-
retiker Daläns .ieäenkalls 2U äanken, äaü sr im
8tokk konstruieren kann unä konkreter ^ussasen
kLbijr ist. Dr lallt sie in eine einsänsise Kpraebe,
äis sieb niebt selten 2U blenäenäen Dormulierun-
sen veräiebtet.
Der Vertrautbeit mit äem Oesenstanä entsurinseu
kiuebtbare Dinrelanal^sen. 8o äis äer Orollauk-
nabms. 8is seist, ^vie Lala2S tretkenä bemerkt, äa^
O esiebt unter äem Nienevspiel, äas Ossi obt, äss
man niebt ssben kann. Ibre Holle bei äer llebe?-
blenäuns ^eist er an äem Leispiel vmnäsrnäer Loh
äateiMlle auk, äeren 8tiekel sieb in Lantokkel unä
2ulet2t in äie naekten Dülle selber verbandsln. V^ie
ist eine solobe Ileberblendunsskolse mosliob, äie
lause Zeitraums vortäusobt? Die Orollauknabme
„isoliert niobt nur, sis bebt äen Oesenstaud über
bauet aus dem Kaum beraus . . . Das Bild, das
niebt mebr raumsebuudsn ist, ist aueb niebt reit-
sebuuäeu. In dieser eisenen, seistisen Dimension
der Orollauknabme vürä das Lild 2um Lesrikk unä
kaun sieb sandeln nie der Oedanke." ^ebnüob auk-
seblullreieb sind versobiedene Erkenntnisse über, die
Linstelluns und die Noutase: niobt 2ulet2t die äen
ein2elnen Lilmsattunseu senidmeten ^bZobuitte. aus
deren Leibe die slüokliebe Lräsuns: „montierter
Dssav ernäbnt sei, die auk „ll'urksib" semün2t ist.
Die Dntersuebunsen über äen Donkilm kalten etnas
ab.
^lls diese LedeutuuMaualvsen nur^eln mebr oder
minder in einer Oesellsebaktslebre. die sieb ibrer-
seits auk äie sonistrussisobe kraxis stüt2t. 8o be-
2iebt Lala^s von äortber den Lesrikk des inbaltlieb