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Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.10/Klebemappe 1931 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

DlL xsar VÄvLör von» Vilur 
die binnen 
Lred 
dieser 
die 
das Mbieksal 
sechs Nonaten 
Berlinerin, 
'Welt erobert 
Eine mißglückte Hlekkame. 
Lr Berlin, im Juli» 
Die Zeiten ändern sich zur Zeit auffällig schnell. Im Mozart 
saal zum Beispiel, wo noch Ende vorigen Jahres der Nemarque- 
Film anlief, weht heute bereits ein ganz anderer Wind. Man 
zeigt hier einen Film: „Das neue Italien", der von dem 
römischen Instituts NaZionale L. 17. O. N. hergestellt worden ist 
und sich einen Tatsachenbericht über das achte Jahr des Fascrs- 
mus nennt. 
Wenn er wenigstens ein Tatsachenbericht wäre) In Wirklichkeit 
aber beschränkt er sich darauf, Propaganda für den italienischen 
Fascismus zu treiben, und läßt alle Tatsachen aus, die diesem 
Zweck Widerstreiten. Es gibt geschickte und ungeschickte Reklame: 
die des Films ist so töricht, daß sie jede Wirkung im Ausland ver 
fehlen muß. Denn statt die wirklichen Leistungen vorzuführen, die 
etwa vom Fascismus vollbracht worden sind, schreibt sie ihm 
einfach alle Aeußerungen ungebrochenen Lebens gut und be- 
schlaWahmt Daseinsformen für ihn, die ihre Entstehung 
keineswegs seiner Herrschaft verdanken. Aber seien selbst 
die Anstrengungen auf diesen Gebieten im heutigen Italien 
verdoppelt worden, so ist doch der Fascismus gewiß nicht der Ur 
heber des Tennissports oder der Motorradrennen. Indem die 
Propaganda uns auch mit Hilfe der Zwischentexte einreden möchte, 
daß in ihm sämtliche irdischen Herrlichkeiten ihren Ursprung 
hätten, überspannt sie den Bogen und verfällt der Lächerlichkeit. 
Besonders weitschweifig schildert der Film die Erfassung der 
Jugend und die Aufwertung der kriegerischen Instinkte. Wir er 
leben einen Stapellauf nach dem andern, besuchen ein Jugend 
lager, machen einen kleinen Kolonialkrieg mit, und sind dazu ver 
urteilt, einer militärischen Parade beizuwohnen, die niemals ein 
Ende nimmt. Ereignisse, die viel zu theatralisch hergerichtet sind, 
um den gewünschten Eindruck zu erwecken. Rein durch die pompöse 
Art ihrer Inszenierung entarten sie zur Dekoration und rücken 
in die Nähe jener den mittelalterlichen Turnieren nachgebildeten 
Festspiele, von denen der Film ebenfalls zu singen und sagen weiß. 
Das überhaupt ist sein eigentliches Gebrechen: daß er aus tenden 
ziösen Gründen immer nur den Rahm abschöpfen will und damit 
genau das Gegenteil von den beabsichtigten Effekten erreicht. So 
würdigt er nicht zuletzt auch Mussolini herab, wenn er aus ihm 
eine Art von Heldendarsteller macht, der nichts anderes zu tun hat, 
als in den verschiedensten Uniformen mit Feldherrnblick öffentlich 
zu repräsentieren. 
Kurzum, der ganze Film ist ein mißglücktes Reklameprodukt, 
und es gehört eine gewisse Naivität dazu, auf seine Werbekraft im 
Ausland zu bauen. Daß er in diesen kritischen Lagen uns sehr ge 
legen komme, wird wohl niemand behaupten. Aber die Filmprüf- 
stelle in ihrer ergründlichen Güte hat ihn nicht weiter beanstandet 
und an seine Zulassung nur die Bedingung geknüpft, daß er in 
Zusammenhang mit einem deutschen Kulturfilm gezeigt werden 
müsse. Dieser Forderung ist durch zwei Vorspannfilme entsprochen 
worden, die dem Hauptfilm geistesverwandt sind. Der eine veran 
schaulicht die masurische Seenplatte, der andere ein fürchterliches 
Heldendenkmal in Pommern,, das aus Hünensteinen, Runenzeichen, 
Ahnenschwertern und ähnlichen Attributen besteht. Da überall häß 
liche Denkmäler stehen, könnte man sich mit diesem Felsenkon 
glomerat Minden und auch unbefangen die Schönheit der Seen 
genießen, liefen nicht beide Filme in bedenkliche Drohungen aus, 
deren Inhalt sowohl durch die Bilder wie durch die Texte eindeutig 
festgelegt ist. 
In der ersten Abendvorstellung haben einige Leute: „Deutsch 
land erwache!" gerufen, worauf die erforderlichen Gegendemon 
strationen einsetzen. Alles in allem scheinen sich die meisten Zu 
schauer der Schwächen und der Haltlosigkeit dieses peinlichen Drei 
gespanns bewußt gewesen zu sein. 
Osorg erZablt in ibm 
^Venn Ge Kunst nach Ltendbals Wort eine 
Verheiüung des Olücks ist, so scheinen äis Mm- 
stars seine Krküllung Zu sein. Um sis Kreisen äis 
Wunschträums äsr Nasse, äis siek desto mehr am 
OlanZleben äer ^userwählten berauscht, js elender 
es ihr selber geht. Wie Zum Beweis äakür, 6aÜ*sis 
jotZt besonders schlecht gebettet ist, bringt äer 
Ralph Röger-Verlag (Wien-B erlin-LeipZig) seit' 
kurzem unter äem Ditel: „Künstler u,nd 
Kilme" 8tar-Nonographien heraus. Der erste von 
Lans Kakka verkaLts Band ist Laus Widers 
gewidmet (5^ Leiten. Oeb. c-?^ 2--)» Lein.Dsxt 
ist ein keuillstonistisebsr Rvmnus auk äis Karriere 
äes Neiden, seine menschlichen Qualitäten usw. Da 
^Ls immer in soleben wallen äer 8tokk äem Bio 
graphen viel Zu schnell ausgeht, sinä einige ^.uk- 
Zeichnungen von Bibers selber beigekügt, äie Zum 
mindesten seine Lrwüchsigkeit belegen. kerntzr Lie- 
bssbrisks aus äem Dunkel äes BubliLums, äersn 
ktrablenäer Bmpkänger er ist, unä vor allem *?hoto- 
graphien. Wo die Worte versagen, stellen sie sieb 
stets rechtzeitig ein, unä wir werden nachgerade so 
mit ihnen überbaukt, äaÜ äie Lpraebe unter ihrer 
Nsnge wie unter einer Lebneeäeebs erstickt, deäsn- 
Lalls Zeigt äie Brkahrung. daü das Wachstum äer 
Lichtbilder äem Oebalt äer sprachlichen Bixierun- 
gen umgekehrt proportional ist. ^.ber gleichviel: äie 
Zahlreichen Verehrerinnen äes Künstlers begrüllen 
sieber mit Breuden äis (Gelegenheit, ibren Liebling 
niebt nur in seinen grollen Msater- unä Filmrollen 
wiedersehen Zu dürken, sondern ibn auch auk der 
Brobe oder gar während äer intimen Verrichtung 
des Rasierens vor ^.ugen Zu baben. -- Der Zweite 
Land derselben Kollektion ist Narlene Diet» 
rieb Zugeeignet und naeb äbnlieben BrinZipien Zu- 
sammsngestellt. (24 Leiten. Oeb. l.80). Nan- 
bat. Verlockt baben, Zu 
seinem Bericht was ibn die wunderbare Geburt 
ornsr- modernen Venus aus dem Neer eines 8chla- 
^ers unä die merkwürdige Tatsache, däü ein mit 
dpreewasser getanktes Geschöpf plÖtZlich äsn 
Weltgeschmack anspricbt. 
Woher rührt diese glückbakte Begegnung? Krams 
liess ei erklärt sie aus dem erotischen Wesen 
Narlenes. da, auch er ist unter äie Ninnesänger 
, gegangen, äie sich um äie Künstlerin scharen, unä 
präpariert ihre besonderen RäiLs in einem schmalen 
E bne OistrLc h" - Land sartsinniK heraus 
(Kindt L Vueher, Verlag Berlin. Oed. 
2M). Nanehmal so^ar üherschwenFhch. „Nar- 
lene Dietrich kann lächeln wie ein Idol, wie 
die archaischen Oriechen^ötter und dabei harmlos 
aussshen. Lu bemerken wäre etwa noch, äaü Kes 
sel wie ^eorK die LoUvwoodsr Mms des' neuen 
Stars GinbsLiehbn, die wir leider noch nicht erblickt 
haben, und äie Nutterlrebe ihres Idols beredt prei 
sen. H-ber es hat von jeher 2u den lugenden des 
dour gehört, kein schlechtes Baar an seiner 
. spöttln Zu lassen. 
BekriediAen äiese eiligen Lobreden unstreitig 
ein Lmtbsdürkms. so ist die Literatur über Obaplin 
unter allen Ilmständen sachlich ^erechtkertl^t. Dr 
in der Dat ist der einZi^e lebende Dilmkünstlsr, 
dessen Werks Kommentare verdienen. Arnold 
^oHritz^bl hat in dem Küchelchen: „Lieh- 
tsr äsr SroLstsät" «L. k. ^1 L Oo., I.sip- 
nx uvä 79 Seitsir. 6eb. 1.—) äis Ss- 
sdkickts äissss kilms srEt unä -mÄsieli' alle 
möglichen Eindrücke kest^ehalten, die er seiner 
persönlichen BeZiehunK Zu Ohaplin verdankt. Da 
Kut Zu beobachten und sein Naterial auk ' eine 
svmpathmche Weise M versteht, ist ein 
kleines Dökmoent entstanden, das Zwar die Dieksn 
asr LhaMM-Dilms nicht xanZ ausschöM, aber einen 
sEs-srelmstsll Ls^rrtt voll Lrsm vrksdsr vor- 
sokLkkt. Ls liest sied ESLsdrll llllä ist voll Killer 
Lisbs su idrsill OsMllstallä srkullt. >^er 'llllll um 
sdsll äissss OeASllstLlläes välsll äis LinseitiMerc 
ksrllö llaedsiskt. !üie!it su teüell vermllk: red äs» 
Vuusek Löllrisk-sls, ä-»L Lliss-dstk Lersiisr smma! 
äis ?srtllsrill Olisräms ivsräöll wöss. 
llislltrekkoll sveier so Kstrolllltsr/Usttsll tullrts vsr- 
illutlied lliedt su idrer Versedmel-llllA, solläeru 
döedstslls su sillsr LlltLstropds. 
Der Vorig.« äsr lledtdilädudus dst siim 5V. 6s- 
burtsta^ seines Begründers und Leiters , Karl 
Wolkksohn eine Denkschrift: „Bin Leben tur 
den Dilm" herausKsbraebt. die sonderbare 
8clillusr dsrvorrukt. Dsim llbssssdell voll vwi«» 
persöllliodell LllläiMllksii llllä vroillillsll>.sll 6tuek- 
wunschtels^rammen enthält sie Rückblicke aui eins 
Vergangenheit, der wir bisher aus dem (Kunde 
nicht inns geworden sind, weil sie noch an unse 
rer Gegenwart haktet. Immer wieder stobt man 
beim Durchblättern auk Bilder die Zum eigenen 
Leben Zu gehören scheinen und insgeheim schon 
historisch geworden sind. 8is sind dem vom äubilar 
Msedllkksiieii Lrediv slltlloillmsii. äisss kdotos aus 
äsll ^llkällssn äss I'ilills. Ds. tritkt äsr mn^s unds- 
kAllllts OdllMll tll LllorLmsllto, Ls,Iikorllisll, ^sill: 
slte krosraillills vsrdsiksll Isbsuäs kdotoxiraptiioll; 
L.sts. Mslssii läedslt ulltsr siusr ?Isllrellss. kood 
llinvedt ^ils äis össtsltsv LLS äsr ^rüdLsit llllssrss 
Lsvllktssill» sill Isiedtsr VsrvssllllMksrlled. llllä 
srst svätsr einmsä vsräsll sis visilsielit rieiiti!? s-M- 
srstsdsll. 8. Lr-io-iller.
	        
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