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Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.04/Klebemappe 1924 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

: che i d en de S Lad i um gerückt, und man wird sich jetzt end 
lich War darüber werden müssen, wie man fortzusahren und ab- 
^uschließen gedenkt. Von vornherein l-euchtet wohl ein, daß 
Ls -Lei halber Arbeit nicht länger mehr sein Bewenden haben 
kann; -ein Denkmal wie dieses fordert vielmehr von sich aus 
jedes Opfer, und die Notwendigkeit von Sparmaßnahmen ist 
nicht der einzige, ja, nicht einmal der vorwiegende Gesichtspunkt, 
unter dem man zu seiner Errichtung schreiten darf. 
Alles spricht dafür, daß man die Katastrophe als einen 
Win? des Schicksals nehme, der die schleunige und endgültige 
V-erwiMchung der Brücke anbef-ieW. Die .Fundamente sind 
jetzt sämtlich fertig gestellt, und so handelt es sich nur noch 
darum, den Oberbau hochMführen, der M doch einmal — 
mögen die finanziellen Verhältnisse nun sein, wie sie wollen — ' 
in Angriff genommen werden muß. Was sollte da eine neue 
Zwischenlösung? Sie würde lediglich unproduktive Kosten 
verursachen und dem ersehnten Ziel in keiner Weise näher 
bringen. Zudem erscheint gerade der gegenwärtige 
Zeitpunkt nicht ungünstig für die Tu rch-, 
führung des Unternehmens. Die allgemeine Ar 
beitslosigkeit hat stark Angenommen, und Linderung des Elends 
durch Notstandsarbeiten ist früher oder später unvermeidlich. 
Gibt es aber eine idealere NotstandsarbeiL als eben den 
Brückenbau? Beginnt man bald mit ihm, so dient die Brücke 
der Bevölkerung, noch ehe sie beendet ist. Viele unbeschäftigte 
Kräfte werden dann in die Lage versetzt, eins ersprießliche 
Tätigkeit zu verrichten, statt wie jetzt mit schmalen Unter 
stützungsgeldern untätig sich Minden und durchhungern zu 
müssen. Auch aus sozialen Erwägungen heraus empfiehlt sich 
also -das sachlich Gebotene. 
Wie es scheint, neigt der Magistrat dazu, diesen Erwägungen 
Gehör zu schenken. Dem Vernehmen nach soll er nämlich üs-, 
obsichtigen, den massiven Brücken-Oberbau so« 
schnell wie möglich aus zu führen, und 
verminderten Breite von 14 Metern. Freilich, ein definitiver 
Beschluß liegt noch nicht vor, auch- bleibt -vorderhand ganz un 
gewiß, an welches ProM man sich zu halten gedenkt. Der 
bisher zugrunde gelegte Entwurf der Architekten Heberer und 
v. Hoden, der einen Massivbau mit SandstemveMendung vor- 
sieht, plant die Brücke in einer Breite von 19 Metern. Will 
man nach einem der erwähnten Vorschläge des Tiefbauanlls 
diesen Entwurf zunächst einmal in reduzierter Gestalt ausführen, 
um dann später in besseren Zeiten die fehlenden fünf Meter 
nachträglich anzugliedern? Aber die Architekten haben aus 
drücklich vor einer solchen vorläufigen Lösung 
gewarnt, für die sie eine künstlerische Verantwortung aus 
verschiedenen stichhaltigen Gründen nicht übernehmen könnten. 
Soll an der Breite der Brücke gespart werden, wogegen an sich 
nicht das geringste ein zuwenden ist, so erscheint es viel ratsamer, 
auf den neuen, wesentlich vereinfachten und 
versch m äl erten Brückenentwurf in B eton au s- 
führung zurückzugreifen, den die BrückennrchiLMen in 
zwischen ausgearbeitet haben« Er stellt sich nach ihrer Berech 
nung n icht mrr um rr^rd zwanzig Prozent billige r 
als jenes vom Tifbauamt angeregte Provisorium, sondern 
bringt außerdem den Vorteil mit sich, daß er jederzeit ohne er 
heblichen Kostenaufwand verbreitert werden^ann. Die Schlicht 
heit und charaktervolle Behandlung seiner Formen hat in einem 
Kreis von Sachverständigen bereits große Genugtuung erweckt; 
Zu wünschen wäre, daß -auch die Ossfenilchleit von ihm Kennt 
nis nähme, denn sie gerade darf bei einem Bau von dieser all 
gemeinen Bedeutung nicht Übergängen werden. 
Die Entscheidung liegt nun Leim Magistrat- Wir möchten 
hoffen, daß er auf jede weitere Zwischenlösung verzichtet und 
sich znr baldiaen Ausführung des definitiven Brückenbaus ent 
schließt. Nicht unberechtigt erscheint auch der Wunsch, daß er, 
manches Versäumte wieder gut wachend, sich Kelch von An 
beginn an mit den bewährten ArMenarchitekL-en Heberer und 
v. Hoden in Verbindung letze und ihnen, dir sich viele Jahre 
hindurch aufopfernd in den Dienst des Brücken-Untsrnchmens 
gestellt haben, die baEnstlerische Durcharbeitung des Projekts 
vorbehaltlos aMertraue. Packt nur der Magistrat die gro^e 
Ausnabe groß an, so wird sie auch, das sind wir gewiß, der 
fmnz'ellen Schwierigkeiten ungeachtet zu einem guten Ende ge. 
führt werden. 
M MüsskrM. ! 
— Da die Notbrücke nicht mehr Zu retten ist, sich der' 
Magistrat in den letzten Lagen für ihren Abbruch entschieden. 
Dieser Beschluß ZiM mit nahezu automatischer Noüoendiokeit 
den anderen Entschluß nach sich, den Neubau derMassiv- 
drücke nun mMsiimrck ins Werk zu setzen. AllZu viele Jahre 
schon sind die anliegenden beLttelle durch das immerwährende 
Provisorium wirtschaftlich schwer geschädigt worden. Es geht 
Mechterdmgs nicht am den VeLchr Zwischen ihnen noch län 
ger Zu beeinträchtigen oder gar zu unterbinden und einen Zu 
stand m PerrmMenz Zu erTärem, der nur Äs kurzfristiger Ueber- 
gang einigermaßen erträglich ist. Ganz abgesehen davon, daß 
auch andere Gründe als die vein wirtschaftlichen und Verkehrs 
technischen Zur sthiEÜgsn Errichtung des erAgülti-gen Brücken- 
OherbLus drE^en. 
So gewiß es ist, daß an einen weiter-MV NuMM jetzt nicht 
Gedacht werden darf, so sehr bleibt doch noch Zu erwägen, in 
Wucher Weise das Projekt Zu venvirNichen sei. Die Drücken-! 
bau - Ksmm iss ion hält, wie wir erfahren, unverändert an 
dem offiziell genehmigten Entwurf der Architekten Heberer und 
v. Honen fest, der einen sandstein^ Oberbau in einer 
Breite von 19 Metern Vorsicht. Und zwar will sie den Entwurf 
in Zwei Etagen aus führen. Im ersten Bauabschnitt soll die 
Brücke nur irr einer Breite von 14 Metern -als Fußgänger- 
Lrücks erstehen, nach Westen Zu fertig verblendet, nach Osten Zu 
vorläufig verputzt; erst im folgenden Zweiten Bauabschnitt soll 
dann der Torso Zur vollen Breite ergänzt werden- die für den 
StraßerLahrwerZchr erforderlich ist. 
Ueber die Bedenken, die wir gegen dieses Vorhaben der 
Drückenbau-Kommission bereits geäußert haben (vergl. Stadt 
Matt vom 23. Januar), wird man sich nur hinwgsetzen können^ 
wenn von vornherein eine Gewähr dafür gegeben ist, daß keine 
Zu große Pause zwischen den beiden Bauabschnitten eintritü 
Denn weder gereicht das Fragment einer einseitig ausgebauten 
Brücke dem Stadtbild Zur Zier, noch entspricht eine Hinaus- 
zögerung des Straßenbahnbetriebs dem wirtschaftlichen Inter 
esse der Bürgerschaft. Unerläßliche Bedingung etappen- 
weisen Bauens wäre also die schon vorher verbürgte schnelle 
Folge der Etappen. Wird hier nicht auf Gar untren in 
irgend einer Form gedrungen, so kann es geschehen, daß noch 
die ErM eine Brücke passieren, die einem Gesicht mit zwei ver 
schiedene» Backen gleicht: einer dicken roten gen Westen und 
einer eingefallenen von kränklicher Blässe gen Osten. Kurz, es 
handelt sich darum, ob wieder nur Stückwerk oder endlich ein 
Ganzes geschaffen werden soll, und wir meinen, daß über diesen 
Punkt DSN Anfang E völlige Klarheit herrschen müsse. Im 
Übrigen wird die Brückenbau-Kommission — das ist eine unab- 
weisliche Forderung auch noch Zu prüfen haben, ob nicht Lei 
Linear Vorgehen in Etappen das von den VrmLenarHLLektm 
neu ausgearbeiLete BeLonprsjekL ihrem ursprünglichen 
Projekt arB finanziellen und ästhetischen Gründen vorzuziehen 
sei. Wer die Hauptsache ist und bleibt: daß das Unternehmen 
so schnell wie möglich in Angriff genommen und nun wirklich 
bis Zu Ende durchgesührt werde. 
Die Kernfrage ist natürlich seine F inanZ lermn g. Laut 
Vertrag haben sich Stadt und Staat m die Baukosten der redu 
zierten Brücke von 14 Meter Breite zu teVen; die Kosten für 
das fehlende Stück von 5 Meter Breite, für die Ausschmückung 
und das JnsÄgebäude fallen der Stadt allein zur Last. Geht 
man von der Voraussetzung aus, daß Zur Errichtung des Pro 
visoriums der 14 Meter-Drücke, die eine Bauzeit von 
knapp Zwei Jahren beansprucht, die Smmne von rund 
einer Million Goldmark erforderlich ist, so hätte die StM 
(gleich bM! Staat) zunächst die Acchlung von üM i)00 GsldirmrZ 
zu leisten. Diese finanzielle VerpfLichkmg, die, wie wir glau 
ben, nicht unerträglich ist, wird die Stadt mit um so ruhigerem 
Gewissen auf sich nehmen können, Äs die V-omurKichung der 
Brücke in den angver^enden Stadtteilen und darüber hm aus 
eine wirtschaftliche Belebung mit sich bringt, die 
ihrerseits wiederum von Nutzen für den allgemeinen Säckel ist. 
Und ebenso hat der Sbmt ein unnnttÄbares Interesse daran, 
den auf ihn entfallenden Anteil voll zu entrichten, da durch 
den Brückenbau zahlreiche Erwerbslose, die sonst aus 
öffentlichen Mitteln zu unterhalten wären- einer produkttveu 
Täti-gEerL ZugssührL werden. 
Immerhin ist es nicht mr? möglich, ß-ndsM mrch wüm 
schenswert, daß noch andere Geldquellen sich auftrm, damit 
keine plötzliche Stockung eintvete und das Weck in absehbarer 
Zeit ganz so Zur MMichksiL reife, wie KünsÄergeist es ersonnen 
hat. Mr deMn mr die Schöpfung eines D rückenfonds 
mrd sind der Ueberzeugung, daß j-eber Franffurter Bürger es 
als Ehrenpflicht betrachten wird, zur Errichtung seiner 
Drücke nach besdsm Vermögen beizusteuern. Seiner Brücke: 
dem; die Brücke gehört jedem, der in Frankfurt heimisch ist, und 
sie gehört ihm doppelt, werm er ihre Ausführung durch persön 
liche Leistung fördert. Welche Geneigtheit Zu solchem UnLer- 
MtzungswerL in der Frankfurter Bürgerschaft besucht, davon 
zeu^ unter Mderen Bsroeisen wahrer AnteÄMchme an der 
Sache ein ums Mgegangenes Schreiben, das wir feiner origi 
nellen und herzlichen Tonart wegen der O^ffeMWoit nicht vor 
enthaLten wollen. Man sammelt^ so schreidt der Eürsender, 
ein in FrankftrrtA Gaststuben gern gesehener und gchorter jäh 
render — ^man stMrmÄt für arme Kinder, für WvM- 
Mr Kirchen usw., warum nicht auch für die neue
	        
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