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Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.05/Klebemappe 1926 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

>ew leleganon^ auf 
v Moellendorff auch der VBölkerbundsreferent des Auswärtigen Vorschlaga des Vorsitzenden in Aussicht genommen, demnächst die 
admiral Freiherr v. Freyberg der Delegation angehören. 
Der Rezensent stimmt mit den Autoren in der Meinung über- 
Die Beziehung auf den Wurzelsinn verdeutscht dann den 
fremderen Namen in einer Tiefe, die den Verzicht auf die 
OberflächenvertrauLheit des Wagnerschen Evchens selbst uns 
alten Bayreuthern leicht machte. 
Die Propheten konnten nicht Propheten bleiben, weil das 
griechische Wort heut einseitig den Wahrsager meint. Das 
sind die Propheten bisweilen, aber nicht wesentlich. Etwa 
gerade die Stelle, wo das Wort in der Genesis steht, wird mit 
„Prophet" ganz sinnlos. Der Künder war da das Gegebene. 
Nicht bloß aus etymologischen Gründen, sondern auch weil 
künden im Gegensatz zu reden und sprechen nicht absolut, nicht 
objektlos gebraucht werden kann. Der Künder ist, anders als 
Redner und Sprecher, die beide den Sinn eines Berufs oder 
Amts annehmen können, immer Künder von etwas, immer 
gebunden an seine Kunde. So schließt dies Wort gerade die 
Vorstellung aus, die heut mit dem „Prophetischen" modisch 
verbunden ist, die Vorstellung der Anlage, Begabung, kurz 
und scheußlich gesagt: des „religiösen^Genies". 
Daß das Wort Künder zwar nicht, wie der Rezensent arg 
wöhnt, erst seit George, aber immerhin erst seit Rückert wieder 
in die Sprache eingeführt ist, durfte uns nicht hindern. Sprache 
darf nicht archaisieren. Das wäre gegen ihren Sinn und 
Auftrag. Sie muß ganz Gegenwart, ganz für das Heute, 
ganz — gesprochen sein. Aber noch keiner, der sich vor eine 
große sprachliche Ausgabe gestellt sah, am wenigsten Luther 
hat auf den Rückgriff in verschollenes oder nur Landschaftlich 
erklingendes Sprachgut verzichtet. Nur der Unverstand könnte 
das als Archaisieren oder Provinzialisieren bezeichnen. Immer 
vorausgesetzt, daß diese innere Kolonisation des Sprachreichs 
mit Umsicht und Kenntnis geschieht, so also, daß die neuen 
Güter existenzfähig sind und daß keine lebensfähigen alten 
ausgekaust werden.^) 
Nachdem wir nun an sämtlichen Einwendungen des Re 
zensenten dargetan haben, daß sie Einwände gegen den 
hebräischen Text sind, bedauern wir, genötigt zu sein, auch die 
einzige Zustimmung, die er uns erteilt, ablehnen zu müssen. 
Abrahams Sterben in gutem Greisentum ist nicht, wie der 
Herr Rezensent meint, unsere Prägung, sondern steht gleich 
falls im Text. 8 heißt in, toda heißt gut, KKOdu heißt 
Greisentum. 
kennung seines erfolgreichen Unternehmens bei der uM 
Mus"s"ol in'i zum General befördert und ihm das Oberkom 
mando der italienischen Luftschiffahrt übertragen 
werden. Außerdem wird er mit der höchsten militärischen Verdienst 
Medaille ausgezeichnet. 
Vergesse der Leser nun für einen Augenblick, daß die 
Widerlegung des von der Rezension unternommenen Beweises 
noch keine Widerlegung ihrer allgemeinen These ist und höre 
uns — beweislose These gegen fehlbewiesene These — an. 
Wir glauben, daß dem Wort, das in der Bibel Schrift ge 
worden ist, jede Zeit, die unsere so gut wie irgendeine ver 
gangene, fremd, fern und feindlich gegenüberliegt, daß aber 
dies Wort in jeder Zeit die Kraft bewährt, die ihm Hörigen 
Zu ergreifen. Die Zeit ist passiv, das Wort aktiv. Das Wort 
nur bewahren, nur konservieren, nur allenfalls durch die Zeit 
tragen wollen ist Lästerung. Es will reden, zu jeder Zeit, in 
jede Zeit, jeder Zeit zum Trotz. Wir wissen nicht, ob es 
unser Uebersetzungswerk in seinen Dienst nehmest wird und 
in welcherlei Dienst. Wir haben nur das eine zu bedenken: 
ihyr treu zu sein. Ob die um dieser Treue willen ge 
schehenden vereinzelten Wortheimholungen sich einbürgern 
werden, das ist uns, gegen jenes oberste Gesetz und seine 
Förderung, eine geringe Sorge. 
Wir stehen in diesen Tagen am Abschluß der Arbeit an 
dem zweiten biblischen Buch. In ihm wird erzählt, wie das 
Wort bei dem Volk, an das es entboten wird, zunächst taube 
Ohren findet 
„vor Geistes Kürze und vor harter Fron". 
Genauer als in dieser Zeile läßt sich eine ungünstige 
^Metaphysische und soziologische Situation" — so nennt man 
daß ja wohl -— kaum beschreiben. Gewiß haben auch damals 
du Wahrschreiber Aegyptens und seine Weisen Pharao be 
ruhigt, daß angesichts jener Situation in „unserer Zeit" jenes 
Wprt Zu Stummheit verurteilt sei. Dann geschah, was geschah. 
Wenn Luther in jenem von dem Rezensenten zwar zweimal 
zitierten, aber nicht einmal verstandenen Brief an den Hosprediger 
Spälatin sich die Mitteilung von schlichten Wörtern erbittet: 
non cmsärousm nsr unlieb, so meint er mit diesen „Schloß- und 
Hofwörtern" — es handelt sich nämlich um Edelsteinnamen 
die damals modernen technischen Bezeichnungen, also gerade das, 
was die Rezension als „profane Sprache" preist und anpreist. Er 
sucht und erbittet dagegen „Limplieia": echtes altvolkstümliches 
Wortgut» 
wandelnd, finden vielleicht, daß es immer gut sei, sein Wissen 
zu zeigen. 
Ueber dem Bedürfnis nach seiner Entfaltung haben sie 
jedenfalls die Einwände vergessen, denen zu erwidern gewesen 
würd. Nicht gegen eine willkürliche Behandlung des hebräi 
schen Textes, wohl aber gegen das Unternehmen seiner kom 
mentarlosen wörtlichen Uebersetzung kehrt sich die Rezension. 
Hat der Rezensent bezweifelt, daß der allüber den Wassern 
brütende Braus Begriff für Begriff des Originals nachzubil- 
dsn suche? Sind die gehöhten Hochgaben oder der Walter du, 
über uns Walter, von ihm einer Mißachtung der hebräischen 
Worte verdächtigt worden? Er hat sie und die anderen Bei 
spiele alsdeutsche Sprachfügungen gewürdigt und in einem 
Teil von ihnen postume Sprößlinge der Bayreuther Dicht 
kunst erkannt. Daß sie in der von den Autoren beliebten Zu 
sammenstellung den archaischen Klimaten der bürgerlichen Neu- 
romantik entstammen, ist ein Geburtsmakel, den die wie immer 
penible Berufung auf ihren früheren Gebrauch gewiß nicht zu 
tilgen vermag. 
Um den historischen Bedeutungswandel der Worte zu er 
messen, wird man freilich auch ihre soziologische Be 
dingtheit mit berücksichtigen müssen. Die Autoren lehnen der 
gleichen nicht ohne Verachtung ab. So geschieht es ihnen, 
daß sie die Alliterationen mit dem Anspruch auf aktuelle Ver 
bindlichkeit übernehmen; daß sie den Luther-Satz über die 
„Schloß- Mb Hofwärter" zu ihren eignen Gunsten auslegen, 
während in Wirklichkeit Luthers Vordringen zum „altvolkstüm- 
lichsn Wortgut" eine der ihren entgegengesetzte Wendung zum 
Profanen gewesen ist. Man erinnert sich der bekannten Stelle 
im „Sendbrief vom Dolmetschen": 
„Denn man muß nicht die Buchstaben in der lateinischen 
Sprachen fragen, wie man soll deutsch reden, wie diese Esel thun; 
sondern man muß die Mutter im Hause, die Kinder auf der Gassen, 
den gemeinen Mann auf dem Markt drumb fragen und denselbigen 
auf das Maul sehen, wie sie reden und- darnach dolmetschen. 
Es wäre gut, etwas von soziologischen Dingen zu wissen. 
Gegen wen also richten sich die Einwände der Rezension? 
Gegen die deutsche Sprachform der Uebersetzung und damit 
gegen ihre Absicht. Wenn die wörtlich getreue Einholung 
des Textes Sprachgewächse wie „Schlachtstatt" und „Weih 
buhle" reifen läßt, so ist die Absicht seiner wörtlich getreuen 
Einholung fragwürdig in dem von der Rezension aufgewiese 
nen Sinn. Diese „treue" Wiedergabe ist gar nicht treu, weil 
sie Worten und sprachlichen Konfigurationen, die nur noch 
Zeichen eines bestimmten Abschnitts unserer Vergangenheit 
sind, hie ungebrochene Gewalt des Originals verleihen möchte. 
an etwas, vor dem gekniet und gebetet wird. In der Genesis 
wird zwar mehrmals niedergefallen und auch mehrmals ge 
betet, aber nie vor -einem Misbeach. Auf dem wird geschlachtet. 
Vier andere, beanstandete Wendungen sind von viererlei 
Art. „SLandmal" (einmal, wo ein Femininum erfordert war, 
„Walstatt") für rrmEda, dessen Stammwort stellen bedeutet, 
anstatt des unbestimmten Lutherschen „Mal", besagt, daß für 
ungeläufige Gegenstände zuweilen ungeläufige Bezeichnungen 
gewählt werden müssen. Das vom Rezensenten anscheinend 
mit dem Wagnerschen archaisierenden „Unmaßen" verwechselte 
„ohne Maß" stellt ein ganz nüchternes und heutiges Wort dar. 
„Mit Verlaub", das wir da verwenden, wo Josefs Brüder in 
aufgeregter Ueberhöslichkeit (und deshalb mit „aufgeregter Im 
terpunktion") den Hausverwalter angehn, ist gut goethisch 
Und das vom Rezensenten den „Flachländern Dahns und 
Frehtags" zugewiesene „fürwahr" ist in der Lulhervibel selber 
dicht, gesät. 
„Erdvolk" mußte für Luthers „alle Lande" und „alle Welt" ge 
fetzt werden, weil „alle Lande" nicht dasteht und weil ein Wort 
für Welt, als den Inbegriff des Raums, im biblischen Hebräisch 
bezeichnenderweise fehlt, während ein Wort für den Inbegriff 
der Zeit, für Ewigkeit, da ist; um Welt auszudrücken, braucht 
die Bibel zwei Worte zusammen: das „schollenhafte" Erde und 
das luftige Himmel. Wie die Rezension bei „Erdvolk" in 
völkische Beängstigungen fallen konnte, ist uns, objektiv wenig 
stens, unverständlich. Wenn der Völkerbund nach einem Mr- 
kreten Wort für sein Ziel suchte, könnte er kaum ein geeignete 
res finden. 
Für die Wiedergabe der Personennamen waren mehrere 
Gründe maßgebend, aber selbstverständlich nicht die beiden, 
die der Rezensent in eigenartiger plötzlicher Unkenntnis 
unserer sonstigen Wirksamkeit nun vermutet: der „völkische" 
(noch einmal!) und der — „ästhetische". Die Lutherschen Per 
sonennamen sind keineswegs die einzigen in Deutschland ver 
breiteten. Die katholische Hälfte des Volkes sagt für Luthers 
Hiob, Hesekiel, Jsai: Job, EZechiel, Jesse. Sogar Eva heißt 
auf katholisch Heva. Dieser Zwiespalt war ein Grund, auf 
die nicht durch Griechen- und Römermund gemodelten Namen 
zurückzugehen. Ein weiterer war die Tendenz der Gegenwart, 
überall die richtigen einzusetzen. Noch Schiller sagte Jupiter 
und Juno, wo heute jeder Zeus und Hera sagen würde. Seit 
Nietzsche sagt kein Mensch mehr Zoroaster. Diese Tendenz ist 
auch in die heute gangbaren Lutherbibeln eingedrungen. 
Luthers König Roboam heißt seit Ausgang des 19. Jahr 
hunderts Rehabeam usw. Entscheidend war aber auch dies 
nicht, sondern das, was der Rezensent unsere überlutherische 
Verdeutschungstendenz nennt. Denn die Sinndeutung der 
Namen, die gerade in der Genesis eine so große Rolle spielt, 
konnte nur so durchsichtig werden. Wenn Eva bei uns Chawa 
heißt, so ist das nur für den ersten Blick Me Aerfremdung. 
ein Zuschauer nur, verfolgt der Rezensent ^s philologische 
Bombardement, das zu demonstrativen Zn sich abzuspie- ein:. Sp,rache müsse „ganz Gegenwart, ganz für däs heute,. 
lm scheint, da in der Nähe und Ferne kein Widersacher sich j ganz — gesprochen sein". Aber weder ist „ohne Maß" ein 
bietet. AM die Autoren, ihren SMwgeWM GoeM M- ^HMiM Woxt", yM siM .etwa die AinndLutunMN de. 
Hegen wen? 
Duplik. 
Von Dr. Siegfried Kraeauer. 
Gegen wen richtet sich die Erwiderung ? Gegen den Rezen 
senten? Aber niemals hat der Rezensent bestritten, was die 
Asttoren mit dem Aufgebot ihrer Nachweise belegen: die treue 
Wiedergabe des Textes. Er hat, im Gegenteil, zu Beginn 
seiner Darlegungen versichert und anerkannt: „Die Verfasser 
streben die wörtliche Uebersetzung und rhythrnische 
Treue an", und auf Grund des Urteils unterrichteter Hebrai- 
stsn gerne bestätigt, daß die Autoren hierbei „sachkundig und 
gewissenhaft" verfahren seien. 
' Gegen wen also der Anmarsch solcher Bildung? Unbeteiligt, 
sicher Zdziechowski ein reines Gewissen hat) revolutionär. 
i v oe enor auc er er unsreeren es usw rgen orscaga es orszen en n ussc genommen, emncs e 
Dre Zahl der ^oten und Verwundeten laßt pch nicht an- Amts, Geheimrat v. Bülow, teilnehmen. Vom Reichswehr- Fragen des sogenannten Wilsonabkommens vom 16- Juni 
nähernd abfchützen. Denn mit den 80 bis 1E00 T<o^toen- , die Ministerium -w-i-r-d- außer den bereits g—enan-n-t-e-n- Offizie.r..e..n. Konter- 1-9-1-9 i- m A-us-wä-rt-igen A-us—schuß" zur E- r-ört'erung zu stellen, 
gegenwärtig in die Spitäler gebracht worden sind, ist die Zahl admiral Freiherr v. Freyberg der Delegation angehören.
	        
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