Skip to main content

Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.06/Klebemappe 1927 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

tzrllsgi? Mrenbur^ MsiL um 
8GiQ Lr stellt aem 6er als 
realster Lommumst aas (Mek 6er Unterwerfung 
stlZZ VnMnsn unter äle (leKÄintdeit preälZt, äsn 
weisen KestriktZteller Erstes I^eßeau ^eZenüder, inn- 
tkr stern sied sweffelloZ Ana-tole d^rsneS ver 
bürgt. Der iffuAG Dreis tritt aus DereeistiA^eitZ- 
Luv für äie Laeße ckes ^näreLZ ein, g-der er 
denut uueü, was -sunff'eaZ wecker kennt noeü 
ZetE^t : ^ V er8edieäenüeit cker NenZeden unä 
äis DnMreeütiZ^ech- Au ckein junZen 
Nentzeden ^eWanckt / - „la, 8ie ver- 
steüeu nneti nisüt. Lann ckenn cker VoZel ver- 
8ieüen, ckak cker Diseü in cker Duft verZeßens nueü 
Duft LeßnLppt, unck äer ckak cker Vo^ei im 
Ausser Ertrinken muL? Ds sinck ^ei ^Veiten. 
Duck Lok? lob, mein erzürnter Drsunck, bube Die 
men unck Düngen." 
^uob Dtwenbur^ k^t Demen unck Düngen. 
rechten. Sie quellen über vor Gemüt, wo es wenig darauf an- 
kommt, und können nur deshalb häufig nicht, wie sie möchten, 
weil sie ihre Empfindungen bei Privataffären so unökonomisch 
verschwenden, daß der Vorrat immer wieder ausgeht. Man muß 
die Weichheit und Zärtlichkeit des jungen Berliners im Verkehr 
mit der Wienerin unter dem Stephansturm erfahren haben- um 
ein- für allemal Zu begreifen, daß sein brutales Benehmen am 
Telephontisch nicht auf seinen Mangel an Sentimentalität zu 
schließen erlaubt. Die Kamera bringt es an den Tag. Er liebt 
wirklich die Operetten, er sehnt sich wirklich nach einem idyllischen 
Winkel, in dem er ungestört das arme Herz aufschlagen darf, das 
er aus allen übrigen Etablissements vertreiben muß. Fehlt die 
Wienerin im Haus, die es an der Einmischung in das Wirtschafts 
leben hindert, so ist es auch in einem Grammophon zur Not gut 
untergebracht. Aus den Filmen läßt sich Menmäßig belegen; daß 
mit dem Wachstum der Prosperität die Naturschutzparks für das 
Gemüt sich stetig vermehren. Die kleinen Ladenmädchen aber ge 
langen Zu der Erkenntnis, daß ihr glänzender Chef auch inwendig 
aus Gold ist, und harren des Tages, an dem sie einen jungen Ber 
liner mit ihrem dummen Herzchen erquicken dürfen. 
MortfttzMtz d 
^4us cker Serie: Die DaAen- 
MMoken ins Lina. 
Die Tochter eines Flugzeugmotor-Fabrikanten startet zu einem 
WeLLflug um die Erde, der die Tüchtigkeit der väterlichen Motore 
beweisen soll. Ein Konkurrent, dem sie einen Korb erteilt hat, sucht 
sie unterwegs überall aufzuhalten. Ein junger'Mann, dem sie be 
stimmt keinen Korb erteilen wird, leistet ihr unterwegs überall Hilfe. 
Vor den Hintergründen Indiens, Chinas, des Stillen Ozeans, 
Amerikas entwickelt sich Liebe mit Schnelligkeit und Schnelligkeit 
mit jener. Die Fliegerin erscheint immer im jeweiligen Landes 
kostüm. Sieg und Verlobung zum Schluß. — In anderen Filmen 
verlobt fichs an den oberitalienischen Seen; auch Spanien ist ein 
Land (die Wahl der Länder unterliegt den Launen der Mode). 
Jede Verlobung ist an die ununterbrochene Benutzung des eigenen 
Autos geknüpft.^ —° Ich bin um die ganze Welt gereist, um zu mir 
selbst Zu kommen, versichert Graf Keyserling in seinem Reisetage 
buch eines Philosophen. Auch die Gesellschaft kommt bei ihren 
Reisen nicht zu sich selbst; freilich, zum Unterschied von dem Gra 
fen reist sie gerade, um nicht zu sich zu kommen. Ob Zuhause, ob 
in einem modernen Verkehrsmittel: ihre Handlungen bleiben sich 
überall gleich. Aber die Veränderung der Landschaftsstaffagen lenkt 
von der Verlogenheit der gesellschaftlichen Begebenheiten ab, deren. 
Monotonie über dem Abenteuer der Reise vergessen wird. Die 
Fliegerin, die in Indien Gefahren besteht, gibt sich als ein schlichtes 
notleidendes Geschöpf; niemand denkt mehr an die kapitalistische 
Transaktion in Berlin, die sie auf Reisen getrieben hat. Das 
Reisen ist eine der großen Möglichkeiten der Gesellschaft, sich in 
einem dauernden Zustand von Geistesabwesenheit zu halten, der 
sie vor der Auseinandersetzung mit sich selber bewahrt. Es hilft 
der Phantasie auf die unrichtigen Wege, es deckt die Aussicht mit 
Eindrücken Zu, es trägt zu den Herrlichkeiten der Welt, damit ihrer 
Häßlichkeit nicht geachtet werde. (Der Zuwachs an Weltkemck 
den es bringt, dient zur Verklärung des bestehenden Systems, in 
dem er erworben wird.) Manche Gesellschaftsgrößen, die es sich 
leisten können, fühlen sich während der Ferien in St. Moritz wahr 
haft als Menschen; sie sind nur in St. Moritz, um sich darüber 
hinwegzutäuschen, daß sie keine sind. Auch die unteren Bevöllc- 
rungsschichLen, die daheim bleiben müssen, werden fottgeschickt. 
Die illustrierten Zeitungen streuen Bilder aus allen Ländern über 
sie aus, und für wen flöge die Fliegerin, wenn nicht für sie. Denn 
je mehr sie reisen, desto weniger erkennen sie etwas. Wenn sämtliche 
geographischen Schlupfwinkel photographiert sind, wird die Gesell 
schaft völlig erblindet sein. Die kleinen Ladenmädchen möchten ü - 
so gerne an der Riviera verloben. 
(Fortsetzung folgt.) 
Das goldene Kerz. ! 
äsr Ssris: Die Kiemen Dacken- 
MSeieken peken Li-ra. z 
Ein junger Berlirder Großkaufmann, tüchtiger Organisator, 
la Betrieb, besucht einen Wiener Geschäftsfreund seines Vaters, 
dessen Firma an der österreichischen Schlamperei zu Grunde 
geht. Der Gast möchte mit Grausen sich wenden, wenn nicht die 
Tochter des Geschäftsfreundes, ein süßes Wiener Mädel, ihn dar 
über aufklärte, Laß es noch etwas anderes gibt als Organisation: 
Donauwellen und den Heurigen. Beglückt entdeckt der junge Ber 
liner sein unbenutztes Gemüt. Er saniert die Firma, die bald 
wieder gewinnbringend sein wird, und erwirbt das Mädel zur Ver 
wertung im Heim. — Auch ohne Großaufnahmen wäre der Her 
gang glaubhaft. Sei es in der Stadt der Walzerträume oder am 
schönen Neckarstrand: in irgend einer Gegend, die nicht von heute 
ist, verlieren und finden die reichen Leute ihr Herz. Es ist nicht 
wahr, daß sie herzlos sind; der Film widerlegt, was das Leben 
glauben machen will. Außerhalb des Betriebs, in dem das HeiH 
freilich nicht am rechten WÄ wäre- haben sie es MerM am M- 
Molk in Waffen. 
Serie.' ckie kkerrrsN 
«rLäcken sskerr ins Lina. 
Mne, D^rstmagd in einem Homeren Hotel des östlichen Welt- 
Mregsgemet», das gerade von den Russen besetzt woü>en ist, der- 
Surückgebliebemn österreichischen Offizier. Der russische 
Hotel Quartier genommen hat, bedrängt dio 
patriotische Magd mit unzüchtigen Anträgen. Sie widersteht; aus 
Iat^tlsmus. Bald rucken die Oesterreicher wieder ein, und unten 
den Klangen des Radehkh-Marsches werden der Offizier und seine 
Retterin vor versammelter Mannschaft geehrt. sKriegstrauunq in 
Srcht.) — Em andermal rettet eine wackere Ostpreußin während 
der feindlichen Besetzung ihren Sohn (ebenfalls Offizier); er ge 
winnt seine wackere Kusine zur Frau. Die Schlachtszenen sind 
dezenter zugeschnitten als die uniformierten Heldentaten. — Diese 
Mmtar- und Kriegsfilme, die aufs Haar einander gleichen, wider» 
legen schlagend die Behauptung von der materialistischen Grund- 
gefmnung der heutigen Welt. Sie beweisen zum mindesten daß 
gewissen einflußreichen Kreisen daran gelegen ist, den Materialis 
mus, dem sie selber huldigen, durch eine heroischere Haltung der 
anderen zu ersetzen. In der Tat können jene Kreise ihre Zwecke, 
- vEeicht neue Kriege heraufbeschwören, dann nur erreichen, 
wenn die von der Revolution noch schwach verseuchten Massen sich 
moralisch wieder sanieren: wenn über dem Lustgewinn, den der Krieg 
an Dekorationen und. Jungfrauen bringt, seine Schrecken vergessen 
werden; wenn wieder ein Geschlecht heranwächst, das nicht wissen 
will, wofür es kämpft, um desto ehrenvoller zu siegen und unterzu 
gehen. Es spricht für die moralische Absicht der Filme- daß sie 
auch den Feinden Menschlichkeit, zugestchen. Der russische Gene 
ral, der es auf die Patriotin abgesehen hat, ist ein Biedermann. 
Die Achtung des Gegners macht den Krieg zur Absurdität. Dies 
genau ist die Absicht feiner Produzenten; denn so muß er als un 
erklärliche Notwendigkeit hingenommen werden. Nur wenn das 
Volk den Heldentod für ein grundloses Schicksal hält, erleidet es 
ihn sittlich. Die Militärfilme dienen der Volks erzieh ung Sie 
dienen ihr erst recht mit den Fridericus Rex-Erzeugnissen, in 
denen auf Veranlassung immer derselben einflußreichen Kreise 
dem Publikum wieder ein König gespendet wird, an dem es sich 
Mlchr begeistern kann als an seinen wirklichen Führern, die den 
Nutzen aus der Begeisterung ziehen. Der gute Sombart, der in 
einer Kriegsschrift die Deutschen Helden und die Engländer Hänö- 
j ler nannte, hat sich so gründlich wie nur ein Professor geirrt. Die 
^ilmbelden aller Länder vereinigen sich zu den Propagandachefs 
der Händler ihrer Nationen. Die kleinen Ladenmädchen können 
sich nur mühsam des Glanzes der Märsche und der Uni 
formen erwehren.. (Fortsetzung folgt.)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.