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Amerika im Ulm. Das andere Amerika, nicht das wirkliche,
das Sacco und Vanzetti hingerichtet hat, bietet sich gleich in zwei
Lustspielschlagern des Capitals. Die Hauptperson des Films
„Kaufhaus Pleite" ist Reginald Denny, der etwa den
sympathischen jungen Amerikaner verkörpern soll, dem alles zum
Guten ausschlägt, weil er lustig, dumm und sozusagen anständig
in den Tag hineinlebt. Die Fabel des Films ist albern. Hübsch
nur die Szene im Schaufenster eines Warenhauses, das von
Denny und seiner Bande als Gelegenheit zum Uebernächten aus
genutzt wird. Das Schaufenster enthält auch mechanische Figuren
in Lebensgrößen, die verschiedene Bewegungen ausführen. Der
Vorhang wird morgens 'hochgezogen, und der Bande in den Ph-
jamas bleibt nichts übrig, als sich ebenfalls wie die mechanischen
Figuren zu bewegen, um sich nicht vor dem Straßenpublikum
zu blamieren. — Der zweite Schlager: „Ihr Spielzeug"
ist ein Gesellschaftsfilm, in dem die blonde Laura La Plante
als modernes Mädchen agiert, das eine großzügige Ehe führen
will; wenn überhaupt. Der Ehefall tritt natürlich ein, ein sym
pathischer Großkaufmann oder so etwas ähnliches, der stch auch
wirklich chazu bequemt, dem Mädchen die Freiheit zu lasten. Die
selbstverständliche Folge im Film ist erstens, daß die Gargonne
in schlechte Gesellschaft gerät, die Erpressungsversuche ausübt, und
zweitens, daß das Gareonne-Jdeal am Schluß desavouiert wird:
echte Frauenliebe am heimischen Herd sei denn doch etwas an
deres. Amerika is^-wieder einmal gerettet. Der Film ist im übrigen
geschickt gedreht und zeigt ein paar gute Typen: vor allem zwei
adlige junge Herren, Zwillinge mit Monokel, entzückende Pflanzen.
Außerdem wird auf Landschlössern gelebt, geritten und Auto ge
fahren. In dem Park des Landschlosses befindet sich ein Schwimm
bassin, über dessen Mitte in der Längsrichtung lauter Taue hängen,
an denen sich die Gargonne, die es gerne sein möchte, äffen- und
sportartig fortbewegt, ohne das Wasser zu netzen. Uaca.
/ 2.6' '
Verfilmter Balzac. In den B ieb e rLau-Licht-
spielen läuft der Großfilm: „Glanz und Elend der
Kurtisanen" mit Paul Wegener in der Titelrolle. Wer
den herrlichen Roman kennt, wird enttäuscht sein über die Ver
filmung. Man hat ihn modernisiert: Collin alias Marquis
Herrera rast im Auto davon, und die Bewegungen der Mädchen
beine erinnern verdächtig an Jazz. Sämtliche Romanmotive sind
verändert; Zu ihrem Nachteil, wie sich versteht. Lucien, der im
Roman aus gekränktem Ehrgeiz Selbstmord begehen will, möchte
im Film ins Wasser springen, weil er erfahren hat, daß seine Ge
liebte Esther früher eine Dirne war. Andere Romanereignisse
sind ebenso verquert wiederge geben. Das geht nicht, das ist völlig
unmöglich, das heißt den großen Worwurf in die Sphäre des
mittelmäßigen Gesellschaftsfilms herabziehen, wenn
nicht gar tiefer noch Auch die Regie hat zu billigen Effekten
gegriffen und zeigt stch dem Stoff durchaus nicht gewachsen. Der
große Pariser Ball wirkt wie ein angestrengtes Provinzunter^
nehmen, die herzoglichen Gemächer sind gering, und sentimentale
Großaufnahmen entstellen vollends den gewaltigen Zug der Fabel.
Feine Nuancen sind nirgends zu sehen, grober Zuschnitt das
Ganze; man hätte bester die Finger von dem Roman gelassen.
Durch die Verballhornisierung des Stoffs und die mangelhafte
Inszenierung werden naturgemäß auch die Schauspieler geschä
digt. Paul Wegener muß sich auf lange Strecken damit be
gnügen, als geschlitztes asiatisches Mannequin zu figurieren, und
Werner Fütt-erer — nun, als eine Art von bayrischem Salonlöwen
war Lucien de Rubempre von Balzac nicht gerade gedacht.
Immerhin: wenn der Film dem Balzac-Roman Leser zuzuführen
vermag, hat er eine bescheidene Mission erfüllt. Aaca.
--- Die Warenhaus-Prinzessin. Dieser Ulm, der in der
Neuen Lichtbühne läuft, nimmt Motive und Konstellationen
des Films: „Das Mädchen aus d-er Konfektion" wieder auf, dem
mit Recht Erfolg befchieden war. Sein Muster erreicht der neue
Frlm nicht. Er bringt zwar gute Bilder aus dem Warenhaus 'ist
aber zu arm an Handlung, ein Schaden, der auch dadurch nicht
^Egönmcht wird, daß eine wirkliche Prinzessin mit romantischen
Gchrchalen als eine Art von Mannequin für die Reklame des
Warenhauses sorgen muß. Sie ist nämlich in Not geraten, wird-
aber dafür, weil sie eine Prinzessin ist, von dem Besitzer des Waren-
und geheiratet; es war schon am Anfang zu ahnen.
Hella Moja, die im Hut schön aussieht, verleiht der Prinzessin
das geforderte damenhafte Benehmen. Ueber manche Längen hilft
Paul Heide mann hinweg, dessen Mienenspiel des Charmes
nicht entbehrt. Auch Paul Graetz als Rayonchef für Damenhüte
sorgt für einige Unterhaltung. Hintergrunds-Figuren sind die
Herren Paulig und Alöers; dieser versteht sich auf unsym
pathische Rollen. Ua c a.
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