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Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.08/Klebemappe 1929 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Die ungekrönte Königin. Voll den historischen Filmen ist 
dieser, der das Schicksal der Lady Hamilton behandelt, nicht 
der schlechteste. Er arbeitet mit einer gewaltigen PrurckauZftattung. 
geht aber nicht in ihr unter. Das Arrangement ist geschmackvoll, 
und einige Szenen sind sogar mehr als nur schmackhafter Auf 
wand. Natürlich muß man die Voraussetzungen des historischen 
Films akzeptieren, die an sich fragwürdig sind'. — Corinne Grif 
ft t h spielt die Lady HamMon. Unter der Führung des Re 
gisseurs Frank Lloyd bietet sie eine erstaunlich abgewogene Lei- 
siung. Sie ist schön, man weiß es; aber ihre Schönheit wird 
hier so gut traktiert, daß sie leuchten kann, ist nicht nur Fest- 
dekovation, sondern darf auch von innen her durchbrechen» Von 
dem jungen Mädchen aus dem Volk avanciert sie Mr Lady HamiD 
Lon und zuletzt zur Geliebten Nelsons. Aeußsre Entwicklung und 
innere Wandlung: beide werden von der Griffith wirklich produ 
ziert, und verfolgt man den Weg von Anfang zum Ende, so mag 
man über die reichen darstellerischen Möglichkeiten der Künstlerin 
staunen. Was gibt es sonst noch? Augenweide, nicht zu knapp» 
Jahrmarkt in Vauxhall; Majestäten mit Gefolge in Neapel und 
London; maritime Ereignisse. Segelschiffe kämpfen bei Abukir 
und Trafalgar zum Ruhme Englands» Pompöse Schlachtmalk- 
reim, bei deren Schilderung der Regisseur nur viel zu lange ver 
weilt. Auf alle Fälle wäre es mit Abukir genug gewesen; die 
wenn auch nur bruchstückweise Wiederholung am Ende verschlägt 
wider jedes KomposttionZgesetz und 'schwächt darum ab. Freilich 
liegt die Stärke des Films überhaupt nicht eigentlich in der Kom 
position, sondern in einzelnen Bildern. So vor allem in der Dar 
stellung der Annäherung Mischen den beiden Liebenden. Besonders 
schön geraten ist der Anblick eines Schiffes im Abend. — Es sei 
ausdrücklich noch auf einen Film des Beiprogramms der Glo 
ria-Lichtspiele aufmerk'am gemacht, auf den Film: „H o l- 
lywood", der unter Mitwirkung Arnold Höllriegels entstanden 
ist. Zur Zeit läuft der Zweite Teil des in einige Abschnitte Zer 
legten Films. Man erhält Einbl-ck in die berühmten großen Ww- 
atttiws von Hollywood, lernt ein paar Stars kennen. Merfliegt 
die Komparserie und ist Zeuge von interessanten Ausnahmen. Das 
ist endlich einmal ein ^Kulturfilm", wie er sein soll. Er Zeigt 
T'ms, an denen viele Menschen Anteil nehmen, und zeigt sie so. 
daß man wirklich etwas davon hat.__ a c s.» 
' Lkt7m a n n^"« i Lspr K e l e ist Dolore G s -k- d M e - l stS N f i i o lm e d in e e r 
r -ch ergoas schuld unglücklich verheiratete Frau Sie bat 
"b'd erne plumpe List gegen ihren Bräutigam 
Sekw§- ^und' wie sie ist, an einen Lumpen gebunden, 
und schön und rn den Prunkvollsten Toiletten n? 
Ein Henny-PorLen-Filw. Der Film heißt „LiLbfraU'' 
m il ch" und wird in den B i eb e rba u - Li ch t spi ei en ge 
zeigt. Offenbar ist er durch den Erfolg des „Fröhlichen Weinbergs" . 
sngeregt worden, denn der Rhein fließt auch in ihm des langen 
urrd breiten. Zum Glück ist Henny P o rten in dem Film mehr 
derb als Dame. Sie hat, was ihrem großen Talent zur Groteske 
entspricht, hinreichend Gelegenheit, als WeinguLsbesitzersfrau in 
wollenen Strümpfen zu prangen und eine hausbackene Tüchtigkeit 
zu entwickeln, die sie gut kleidet. Manche Szenen sind ihr recht 
drollig gediehen. Leider ist der Schluß von einer Blödigkeit, die 
sogar nicht von den schlechteren amerikanischen Grotesken über- 
boten wird. Daß diese Endfarce in Wiesbaden spielt, mag 
Lokalpatrioten entschädigen, A s c a. 
Rausch. 
Die Schweden haben mit der Emelka zusammen Strindbergs: 
„Rausch" verfilmt Viel übrig geblieben ist von dem Rausch 
nichL. Er besteht darin, daß ein dämonisches Weib einen Künst 
ler aus der Efe locken möchte, die er des Kindes wegen nicht 
prerktzeben rri'l. Bringt die Person das Kind um? Sie denkt 
nicht daran. Das vermißte Kind taucht vielmehr am Schluß wie 
der quicklebendig auf. und der Künstler, der den Rausch gehabt, 
kehrt in seinen kleinbürgerliche Haushalt zurück. Ein Eourths- 
Mabler Schluß: bei Weib.und Kind ists am besten. 
Die banale Eheirrung wird strindhergisch aufgeputschL. Am 
Anfang der Rausch des nördlichen Meeres mit dem einsamen 
Leuchtturm. Später ein heiteres Pariser Künstlervölkchcn und 
Atelierleöen aus dem Ende des vorigen Jahrbun'derts. Aber 
diese Anleihen aus Murgers. Boheme greifen nicht im geringsten 
in die Handlung ein, sondern Zollen nur ihre Gradlinigkeit un 
sichtig machen. Ihre Trivialität verbrämen. Sie sind über 
flüssig. da sie die Konstruktion nicht bereichern. 
Bleibt Gina Manes, die unvergeßliche Darstellerin der 
Therese Raquin. Sie ist eine der merkwürdigsten Erscheinungen, 
die wir heute im Film haben Eine Frau, -die gan-; juna aus 
sehen k^nn und einen Augenblick später wie ihre eigene Mutter. 
Die Möglichkeit diches Umschlags rührt von dem Gegensatz zwi 
schen ihrem Profil und dem Gesicht sn üce her. Das Profil ist 
wild und neigt Zur Hexenbastigkeit des Alters; während ihr die 
vollen Wangen eine Jugend leihen, die je nach dem Ausdruck der 
schillernden und fremdartig gestellten Augen gesteigert ober ver 
ringert werden mag. Die Starke der Manes gelangt freilich in 
dem Film nicht zur Entfaltung. Jw liegt weder der Schein der 
Tiche nochchie leichte Geste, und darf sie nicht echt böse und «erup 
tiv sein wie unter Fehder, so wird sie Übertrieben und ergeht sich 
nur in Konturen. Hier i sie nirgends sie selbst. 
Schuld daran tragt die seichte Regie Gustav MolanderS. 
Er arbeitet mit äußerlichen Verkettungen und versteht nicht viel, 
von Montage. Warum er die Künstler so heftige Bewegunoen 
ausführen läßt, ist unerfindlich. Die Atelierszenen sind ClichL, 
die Episode vor Gericht ist an gelebt. Viele Bilder zu matt; 
keine Einfälle bei den Uebergängen. 
Lars Hanson, der schlappe Held, hat sich eine Art von 
Strindberg - Masle zurechtgemacht, führt aber den Cha'-attcr 
nicht durch Am besten ist noch Stina Berg, die al^ Mrc 
Catharine an Kathi Koöus erinnert. 
Ich Lüffs Ihre Hand, Madame. Ein populärer Schlager 
und Harry LiedLke -- mehr kann das Publikum nicht vertan* 
gen. Der Schlager ertönt zur Einleitung, er verführt in der Mitte 
und erfüllt sich am Schluß. Harry Liedtke ist der Musik entstiegen 
wie die Venus dem Meer. Unnachahmlich die Eleganz, mit der er 
die Hand küßt und spater den Mund, -ein Gentleman, wie er nur 
noch in Schlagern verkommt- Und Madame ist seiner würdig: ein 
Mndchm, das gut zu küssen ist, Kicks Toiletten und eine mondäne 
Pariser SLadtwohnung iMarlene Dietrich hat wirklich ihre 
Reize). Ueber die Handlung iß um so weniger zu sagen, als wir 
sie schon einmal gesehen zu haben glauben; in dem "M-enjou- 
Film nämlich: „Wie Madame befehlen". Die Vorlage ist mitsamt 
der Verteidigung des Kellnerstandes Ziemlich genau kopiert worden, 
nur daß man sich im deutschen Film ein Hintertürchen offen hält 
und Harry einen russischen Grafen sein läßt, der sich als Kellner 
win Brot verdient. Als Graf darf er dann auch den Mund von 
Madame küssen. Abgesehen von der groWos-flichen Ueöereinsüm» 
""M0 d"'^ d^ 8ie^^e-Fi^ mit dem i^m rnendNck- oHemmers 
Menjou-FiLM keinen Vergleich; denn was hier Analysen sind, ist 
dort Viotze Rouline. — eun »us h>udl^k in Ltunuuulg zu b.un» 
gen -- eZ waren, osfendor des himmlichen Harry wegen" auffällig 
viele junge Drmen im Zwschauervaum —, sinqt Hans Ritter 
(Wen) mtt Schmelz einige beliebte Schlager, die M der Küsserei 
im Hauptstück W-rkitcn. Die musikalkche Illustration Kapellmeister 
Pllugmachers hat ein paar gute Einfälle, übersetzt aber die 
Bilder zu wörtlich, (Zur Aufführung in den Ufa - Lichtspie« 
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