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Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.01/Klebemappe 1921 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

Frankfurter Angelegenheiten. 
nd jetzige Dozent an der Volks- 
einer reden kann, der mit der 
l den bunt-en Fähnchen der anwe- 
Jugendgruppen geschm we Estrade und sprach, wie nur 
r J agend und für sie lebt. Es hieße 
GedLchEnlSaNSfiZMng FeMusRö LuHM§r 
iM MMgEW§rd§mNMM« 
Der Leitung des KunstgewerbsMustums gebührt Dank dafür, 
daß sie uns durch eine Ausstellung von Arbeiten Frromm-ck L u th- 
mers Linsn Ueberblick über das LZbeuswerk de? vor kurzem ver 
storbenen Direktors der Kunstgewerbcschule gewährt. Man bewun 
dert bei dem Anblick der vielen Skizzen, die alle Wände bedecken 
und zum Teil noch die Glaskästen füllen, die unermüdliche Schaf- 
feMraft des Meisters und erffeut sich an der liebevollen und zarten 
Ausführung der einzelnen Blätter, mag auch ihre Technik mitunter 
ein wenig altväterlich anmuten. Bei den NZisestudien sus 
Frankreich ilM) und Italien E1W8) handelt es sich zumeist um 
die MffpMvische Wiedergabe und AusirahmT von Gebäuden, 
bäudeieilen und Ornamenten. Die Mehrzahl dieser dusligen 
stistMchuungZN, die hie und da matt getuscht oder wohl auch Mös 
getönt sind, stammt aus sbentaliemschen Städtchen, denn GsM rm^- 
FrühreMiffKnee-ArchitekLu? den jungen Luthme? offenbar besonders 
stark anzog. In eine spätere Zeit fallen die zeichnerischen Arbeiten 
sür das von Luthmer hemusgegebens Werk: KDie Bau- und 
Ku nHdenkmL ! er des Regierungsbezirks Wi^s- 
bad e nK Die nebst einer Reihe von Vorstudien Ausgestellten Zahl 
reichen Federzeichnungen zu dieser Arbeit sind nicht nur von^einer 
ihrem BesümmungsAweck anJLpaßten musterhaften Klarheit uno Sorg- 
fall der Technik, sondern es wohnt ihnen such zum Teil großer male 
rische? Nerz mns, so etwa einer Ansicht von Runkst an der Lahn 
oder der Darstellung eines Parklms des Steinschm Gutes in Ras- 
sau.. Daß Luthmer sich auch als Aquarellist LMÜgt hat'^ 
zeugen Blätter aus dem Elsaß und dem Odenwald, unter denereX 
manches stimmungsvolle Blatt befindet. Von seinen spärli^ 
architektonischen Planen sieht rnan das Projekt Zu dem Neubau einest 
Priesterseminars in Limöurg und den ÄUsgesührten Entwurf einer 
Villa m Gem; beide Werke tragen durchaus den Stempel 
ihrer Zeit. Daß Luthmer mehr als der großen Architektur 
der Kleinkunst zuneigte, laßt u. a. der ÄUsMeLtZ Franko 
surte? Ratssilberfch^tz LrZMnen, der von ihm, zum 
Teil in Verbindung mit dem Bildhauer Pros. Hausmann, 
entworfen worden ist. Von den einzelnen Stücken des Schatzes 
kommen die Heiden Leuchter mit ihren fein durchfühlten Formen 
unserem heutigen künstlerischen Empfinden mMeicht noch am meisten 
entgegen. 
Die Zahl der von Luthmer herausgegeoenm und in oen Gms- 
kästen zur Schau gestellten Sammelwerke und Hand« 
büchrr ist überaus grob. Man merkt rs deutlich: ftme Liede 
aalt vor allem der Edelmetallkunst, der er, sei es als ^Gesch-.ch^s- 
forscher, sei cS als schassender Künstler, viele Publikationen w:d^ 
met« z. B. sein bekannte» Werk .Goldschmuck der Renachance- 
und daS bei H. Keller in Frankfurt erschienene Buch über den 
Schatz des Freiherrn Karl von 'Rothschild. Kaum emnr Leck des 
Kunstgewerbes gibt es, den er auber Acht gelassen hätte, und so ver 
danken wir ihm denn von seinen Ornamentkompenvien an d.« zu 
seinen Veröffentlichungen über .Jnncnrüume, Möbel und Krmft- 
werke im Louis Setze- und Empire-Stil" eins Menge ireal.che. 
Bücher au» denen der Lernende reiche Anregungen schöpfen kann. 
Man nimmt aus der gut arrangierten AurstÄtung ferner L>ene 
einen starken Eindruck von dem ehrfurchtgsb^icnden »lech. sem 
fassenden Blick und der echt künstleriM« Gewrsfmhaftrgk.rt d.ereS 
Vtanms mit nach Hause. 
diese Feiertagsrede ihrer ganzen Wärme, ihres ganzen seelischen 
Gehaltes berauben, wollte man sie in dürren Worten wiedergeben. 
Das heiße Streben der heutigen Jugend zur wahren Gemeinschaft 
hin, ihr Wille zum Dienst an der Menschheit fand in den Worten 
Dr. Wilkers beredten Ausdruck, und der von Ergriffenheit durch- 
Zitterte Beifall seiner Hörer durfte ihm bestätigen, daß er aller 
Herzen getroffen hatte, wenn er zum Kampf gegen die Entartungen 
unseres Lebens, gegen die Schundliteratur z° B., aufrief und die 
Jugend zur Verwirklichung des Guten, zu einer Erneuerung von 
innen heraus ermähnte 
Nach der Versammlung strömten sämtliche Teilnehmer Züm 
Römerberg, wo nunmehr ein fröhliches, ungezwungenes Trei 
ben anhub, auf das die alten Häuser sicher mit Wohlgefallen herab- 
blickten. Buben und Mädels in ihren bunten Wandertrachten ver 
unstalteten, zu einzelnen großen Gruppen vereinigt, altdeutsche Rei 
gentänze, mitten hindurch wurden große Plakate getragen, die gegen 
Alkohol, Nikotin usw. predigten und das ganze farbige Gewimmel 
lockte viele Zuschauer herbei, die sich an dem gesitteten Frohmut 
der Jugend erlabten. Ein in der Dämmerung durch die Altstadt 
führender FackelZug, der mit einem Autodafe von Schundlite- 
raürr am Eisernen Steg endete, schloß den Jugendtag ab. 
Frankfurter Iugendtag. 
Der gestrige Sonntag gehörte der Jugend- Sämtliche Ver 
bände des hiesigen Jugendrings, der über sechzig Jugend 
gruppen ohne Unterschied der Parteien, Klassen urid Glaubens 
bekenntnisse umfaßt, hatten sich vereinigt, um dem einmütigen 
Willen der neuen Jugend festlichen Ausdruck zu verleihen und 
gleichzeitig gegen die Auswüchse des heutigen großstädtischen 
Lebens Verwahrung einzulegen. Den Reigen der Veranstal 
tungen eröffnete eine künstlerische Morgenfeier im 
SauLöau° Der große Saal war bis auf den Letzten Platz ge 
füllt, und der Anblick dieser Jugendscharen, die da in bunter 
Eintracht beisammen saßen, war eigentlich das Schönste, was 
geboten wurde, denn er erweckte das beglückende Gefühl, daß 
ein Volk mit solcher Jugend nicht untergehen kann. Der musi 
kalische Teil des Programms wurde von dem Palmengarten- 
Orchester bestritten, das durch die Aufführung des „Meister- 
singer"-Vorspiels sowie eines Präludiums und einer Fuge von 
Bach weihevolle Stimmung in den Herzen der dankbaren Hörer 
hervorrief. In dem Mittelpunkt der Feie? stand eine von 
jugendlichen Kräften der Frankfurter Schauspielschule vorge 
führte Szene aus den „Räubern", deren Spielleitung in Vertre 
tung des verhinderten Herrn EberL Herr Oberregisseur 
Brügmann vom Schauspielhaus übernommen hatte- Schil 
lers herrlicher Ueberschwang bewährte vor diesem Publikum 
wieder seine ewige UnvergängttchkeiL, was nicht zum wenigsten 
dem frischen ZusammenspieL zu danken war, Angehörige der 
Schauspielschule trugen auch unter regem Beifall passend aus 
gewählte Gedichte von Karl Henkell und Karl Bröger vor, und 
in den Pausen erfreute sich die jugendliche Gemeinde selber am 
gemeinsamen Gesang, vor allem des schönen Jugend-Wander- 
iiedes, das Hermann ClarMus der neuen Jugend gewidmet hat. 
! Nach der Feier, die Orgelspi-el beendete, bildeten die TeLL- 
' nehme? in musterhafter Ordnung, ein jeder sich zu seinem 
Fähnlein scharend, einen Zug, der unter Vorantritt jugend 
licher Musiker seinen Weg Zum Goethe» und Schillerdenkmal 
nahm- Dort wurden im Gedenken an die Großen, die Dr. Wrl- 
ker als die Leuchtenden Vorbilder der Jugend pries, Kränze me- 
dergelegt Kein einziger Mißton störte die Frier, alles verlief 
in einem selbstverständlichen Einklang, dpr sowohl von dem ein 
heitlichen Fühlen dieser Jugend wie von dem Vorhandensein 
tüchtiger Führer zeugte. 
Am frühen Nachmittag traf man sich wieder M einer Versamm 
lung in der PauLskirche, die zu einer eindrucksvollen Kund 
gebung für den neuen Jugenbgeist werden sollte. Nach dem ein 
leitenden Orgelspiel trat Dr. Karl Wilk § r, der ehemalige Leiter 
der FürsorgeanstalL Lindenhof 
hochschule Thüringen, vor die 
senden Jugendgruppen gesch 
Gabelung Lex Primen. In ein-er erweiterten Cltsrnver- 
samrnlung der Liebi g-O berealschule war am Dientag Ge- 
w^cuyeit g^oöwn, Näheres über den Plan ciuer Gattung Lee' 
Pnmen zu erfahren, der aufgrund emgehou-der Beratungen des 
tzshrerLokeglmns der Anstalt entstanden ist. Den Hauptmängeln 
der heutigen höheren Schule: der UeberLürdung der Schulen mit 
Wisienöstoff, „der mangelnden Anpassung der Lehrziele an die 
Individualität, der . Schüler ' und der ungenügenden Berücksich 
tigung der weiten Gebiets, auf die sich das Gemeinschaftsleben 
aufbaut, soll durch die Gabelung der Primen in eine sprach- 
i? o hs ch e und erne mathematisch-natur 
wissenschaftliche Abteilung praktisch wirksam begeg 
net werden. Da die Stundenzahl der Nebenfächer in jeder Ab- 
teuung stark eingeschrünit wird, muß der Unterricht unter Ver 
zicht auf einen erheblichen Teil positiven Wissensstoffes mehr 
auf das Grundsätzliche eingestellt werden. Die starken Abstriche 
erlauben ferner, ohne Erhöhung der Gesamtstundenzah! die lang 
entbehrten Fächer PHÜOsophie, StaatsLürgerkunde, Biologie und 
Kunstuuterricht in den Lehrplan Leider Abteilungen aufzuneh- 
men. Der ElteruLeirat hat diesem Plan in einer Sitzung vor, 
Weihnachten ZugcsiimMt. und die gestrige, von mehr als zwei 
hundert Personen besuchte Versammlung nahm eine Ent ¬ 
schließung an, „daß sie mit freudigem Interesse von dem 
durch das Kollegium ausgearbeitsten Gabelungsplan für die' 
beiden Oberklassen Kenntnis genommen hat. Sre ist aufgrund 
längerer Aussprache Zu der Ueberzeugung gekommen, daß seine 
Durchführung einen wesentlichen Fortschritt bedeutet, und hofft, 
daß die staatlichen und städtischen Behörden, die dem Plan bisher 
m dankenswerter Weiss ihr Interesse entgegengebracht haben, 
seine Verwirklichung ab Ostern 1921 ermöglichen werden/
	        
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