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Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

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Umkreis Siedlungen und „Satellitenstädte" geschaffen, mit denen 
man auch bisher ganz gut fahren mochte. Für die kommende Zerr 
aber wird sich das Wohnen in den Vororten schon aus dem Grunde 
nicht empfehlen, weil die Verkehrsmittel zu, teuer geworden sind. 
Es gilt im Gegenteil, in den Altstädten wieder kleinbürger 
liche Wohnungen zu schaffen, und Aufgabe der Städte wird 
es sein, die Hausbesitzer in diesem Sinne wirksam zu beeinflussen. 
Indem man die alten Häuser zu Wohnzwecken neu verrichtet, tut 
man das meiste und beste für ihre Erhaltung. Gerade heute 
unter dem Druck der Wohnungsnot erscheint eine solche Polttik 
aussichtsreich. Die ihr dienenden Bestrebungen des Bundes der 
Altstadtfreunde sind nach Pros. Gurlitt aller Unterstützung Wert. 
In Frankfurt kommt ihnen noch das eine besonders entgegen, daß 
die großen Verkehrsstraßen die Altstadt nicht kreuzen. Lr. 
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Auf Einladung des Bundes tätiger Altstadtfreunde sprach 
am Donnerstag der Dresdener Kunsthistoriker Geh.-Rat Pros. 
Cornelius Gurlitt vor einer zahlreichen Zuhörerschaft über 
die Pflege der Altstädte und stellte einige Richtlinien 
für ihre Erhaltung auf. Der Redner schrlderre zunächst im Umriß 
die typische Entwicklung der Großstädte, die beinahe überall zur 
Aushöhlung des alten Stadtkerns geführt habe. Da dieser zu 
meist zur City, daß beißt zvm wirtschaftlichen Zentrum wird, ent 
völkert er sich mehr und mehr, und seine Häuser erleiden Umwand 
lungen, dee ihre bessere wirtschaftliche Ausnutzung ermöglichen 
sollen. Indessen, die alten Wohnhäuser passen sich den geschäftlichen 
Bedürfnisson nur schleckt an und kommen durch die fortwährenden 
inneren und äußeren Umbauten schließlich so herunter, daß der- 
Grund und Boden, auf dem sie stehen, einen höheren Wert ge 
winnt a!s sie selber. Ergebnis: man reißt das alte Gerumpel 
mitsamt den Nachbarhäusern nieder und errichtet einen Neubau, 
der den modernen Erfordernissen besser entspricht. Gegen die 
Architektur unserer modernen Geschäftshäuser wendet Pros. 
Gurlitt, gewiß nicht ganz mit Recht, hauptsächlich ein, 
daß sie Zu viel Gewicht auf große Schaufenster lege; auch 
rü -t er das Uebermaß der Reklame, das zur Verhäßlichung des 
Straßenbildes führe. Wo dieser Entwicklungsprozeß die Altstädte 
noch nicht völlig zerstört hat, wird es Aufgabe der Denkmals 
pflege sein, sich schützend vor das Alte zu stellen und Abbrüchen 
die größten Hemmnisse enrgegenzusetzen. Anderseits muß sie ver 
hüten, daß bei notwendigen Veränderungen das Alte einfach 
kopiert wird Das Neue ist vielmehr aus dem Geist unserer Zeit 
heraus Zu schaffen und soll als Neues kenntlich sein. In dieser 
Hinsicht begrüßte der Redner die vom Bund der Altstadtfreunde in 
Frankfurt durchgeführte Bemalung der alten Häuser; möge 
sie auch im einzelnen Anlaß zur Kritik geben, so gehe sie doch von 
der richtigen Auffassung aus, daß es mit bloßer Rekonstruktion 
des früher Vorhandenen nicht getan sei. 
Auch die neuen Verkehrsmittel, vor allem das Auto, 
wirken vielfach auf die Vernichtung der schönen alten Stadtteile 
hin. Sie zwingen dazu, Straßen zu verbreitern und größere 
Durchbrüche herzustellen. Wie kann hier helfend eingegriffen 
werden? Pros. Gurlitt meinte, man möge rund um die Altstädte 
eigene „Automobilstraßen" anlegen, die auf lange Strecken hin 
keinen Querverkehr haben. Durch Schaffung eines solchen Ringes 
gelinge es, die Altstädte zu entlasten, deren bescheidene Straßen 
dann sehr wohl Zur Bewältigung des ihnen zufallenden geringeren 
Verkehrs ausreichen mögen. Dem Plan ließe sich gewiß zustim 
men, wenn er nur nicht gar zu sehr ein Plan auf weite Sicht wäre. 
Zuletzt erörterte der Redner die wirtschaftlichen Folgen 
der Entvölkerung der Altstädte. Hm die aus dem Mittelpunkt der 
Stadt evakuierte Bevölkerung unterzubringen, hat man in ihrem 
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Meine MiLLerlungen.^ Die Gesellschaft der 
Freunde des Frankfurter Goethe-Museums 
ehrte am Sonntag Las Andenken ihres vor wenigen Tagen da- 
hingegangsnen Gründers und Vorsitzenden Dr. Julius B urg- 
hold durch eine Gedächtnisfeier, in. der Geh.-Rat Biese die 
innigen Beziehungen des Verstorbenen zu Goethe und der deut 
schen Kultur kennzeichnete und mitteilte, daß er seine Samm 
lungen Goetbelcher Handzeichnungen und Autographen der Ge 
sellschaft testamentarisch vermocht habe. KonsPorialrat Dr. 
Dechent schilderte hierauf das religiösbewegte Seelenleben des 
jungen Goethe«, ww es in seinem kürzlich aufgefundenen Brief« 
j Wechsel mit Langer, demLreund aus der Leipziger Studienzeit, 
widerspiegelh. 
An Verein für 'orientalische Sprachen 
l i n ein genauer Kenner der 
turMchewVer^ seine Erlebnisse in dem vorderasiatischen 
. r u s s a m den Jahren vor dem Weltkrieg. Er leitete damals 
ein Resorm-Archüekturdüro im türkischen Kultusministerium und 
bereme die ganze Türkei zu architektonischen Studienzwecken. 
Seinem Berichie sind manche fesselnde Einzelheiten zu entnehmen. 
Zunächst dre B a u w e r k e Brussas: es sind zumeist Schöpfungen 
der ersten fechs Sultane des osmanischen Reichs, die im Jahr 1236 
Brussa e-nnahmen und dort bis zur Ewberung Konstantinopels 
nn Jahre 14oo rhren Sitz hatten. Die alte griechische Kultur ver 
drängend, ließen ste unter Heranziehung Persischer Kunsthand 
werker durch, grreämche Baumeister ihre Grabkapellen (Türbe) 
Lwicheen, Universitäten (Medressen) und Bäder errichten. Bon 
dem Glanz der Sultansherrschaft zeugen vor allem die grüne 
Moschee und die grüne Grabkapelle, die unter Mohammed'!, im 
14. Jahroundsrt entstanden sind. 
Im Vergleich mit den großen Sultansmoscheen Konstantr- 
nopels, die nach dem Vorbild der byzantinischen Haqia Sophia 
geaasten stnd,. zeichnen sich diese frühen Bauten vor allem aus 
durch die Originalität ihrer Planung und das kernige Kraft- 
bewußtwm, das aus ihnen spricht — ein KrafLvewußtsein, das 
den historisch Unterrichteten denken Läßt an die gewaltigen Waffen- 
taren,.dle diese Bauherren in Turban und Hermelinmantel im 
I^nen Mazedonien auf den Schlachtfeldern des Amselfeldes und 
ver Nrkopolrs verrichteten. 
Brussa liegt am Nordhang des mächtigen asiatischen Olymps 
(rund 2500 Meter hoch), der aus der byzantinischen Zeit den Namen 
„Mönchsberg" trägt. Der Redner bestieg ihn zu einer sehr unge 
wöhnlichen Zeit, rm Dezember nämlich. Er ging allein und 'zu 
Fuß, während man im Sommer gewöhnlich zu Pferd oder auf dem 
Maultier den Gipfel erklimmt und der Vorsicht halber sich von 
Gendarmerie begleiten läßt. Charakter der Landschaft und Vege 
tation erweckten in dem Reisenden vielfachere Erinnerung an die 
bayrischen Alpen, und nur etwa die Gebetsrufe, die bei Morgen 
grauen von den mehr als fünfzig Minaretts Brussas ertönten,rieien- 
Ihm die Gegenwart zurück. Die Nomaden sind im Winter von 
den Anhöhen verschwunden und von dem^ Getier leisten Adler 
allein in den oberen Regionen Gesellschaft. " In 2060 Meter Höhe 
stieß der einsame Wanderer auf eine breite Fahrstraße, die in 
einem Tannendickicht plötzlich endigte. Derartigen halbfertiaen 
Bauten begegnet man in der Türkei oft, es wäre aber durchaus 
verfehlt, die Schuld hieran lediglich auf die türkische Verwaltung 
zu schieben. Europäische und levantinische Unternehmer verleiten 
aus egoistischen Motiven die technisch nicht so erfahrenen Türken 
häufig zu solchen Experimenten, die dann wegen mangelnder Mittel 
und fehlerhafter Voranschläge nicht zu Ende geführt werden können. 
Ein ernstes Kapitel ist auch der Raubbau, der von den nomadi 
sierenden Bewohnern Kleinasiens vielerorten mit den Wäldern 
getrieben wird. An ihrer Stelle wuchert dann Strauchwerk, das 
die Nomaden ebenfalls ausrotten, weil es ihnen die Weideplätze 
nimmt. Die Folge davon ist, daß nach dem Abweiden der Gras 
narbe die Winterregen die Erde wegschwernmen und schließlich 
Ein historischer Film In der Neuen Lichtbühne wird eü" 
großer historischer Film : „Der Mann mit der eisernen 
Mask e" vorgeführt, er behandelt das Schicksal des angeblichens 
Zwillingsbruders von König Ludwig XIV. Das beste „sind Ke 
Szenen, in denen das Prunkleben am Hofe des Sonnenkönigs sich' 
entfaltet. Im übrigen werden, nicht eigentlich silmgemäß, so viele 
Jnrcigen aneinandergestückt, daß es mitunter schwierig ist, sich 
zurechtzufinden. Albert Bassermann ragt als Darsteller 
des Kardinals Mazarin hervor. — Ein kleiner 'Tierfilm geht 
der Staatsakten voran. raa. 
Worms und Dülmen, sind übrigens mit der gleichen -Liebe be 
handelt worden; Photographien von ihnen mögen darüber auf 
klären, daß von deutscher Seite alles geschehen ^ist und geschieht, 
um die Gefallenen der fremden Länder würdig zu ehren. 
Verständnis und Entgegenkommen werden dem Deutschen 
Völksbund im allgemeinen nicht versagt Er arbeitet Hand in 
Hand mit dem italienischen Bund, und auch die Belgier unterstützen 
nach Kräften seine Bestrebungen. Das in ihm vertretene Marine 
ministerium hat erst jüngst die auslaufenden Schiffe damit beauf 
tragt, in den fremden Häfen Erkundigungen nach den deutschen 
Ruhestätten einzuholen und ihn von dem Ergebnis zu unterrichten. 
Am wenigsten Unterstützung findet der Volksbund bei den Fran 
zosen: indessen sind Verhandlungen im Gang, um das erforder 
liche Einvernehmen zu erzielen. 
Die Ausstellung, die vierzehn Tage bei freiem Eintritt geöffnet 
bleibt, hat sich die Aufgabe gesetzt, für den Gedanken der deutschen 
Kriegsgräberfürforge zu werben. Viel ist getan, mehr noch bleibt 
Zu tun. Soll der Volksbund seine humanen, der Völkerversöbnung 
dienenden Aufgaben vollends bewältigen, so bedarf er der tätigen 
Anteilnahme des ganzen Volks. Es ist Zu hoffen, daß die Aus 
> stellung, die sehr sinnfällig die Erinnerung an die Opfer des 
Kriegs wachruft, ihm neue Anhänger zuführt. Lr.
	        
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