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Full text: H:Kracauer, Siegfried/01.03/Klebemappe 1923 - [Geschlossener Bestand der Mediendokumentation, Nachlass]

der kahle Fels zutage tritt. Der Kampf der Regierung gegen diese 
uralten Gewohnheiten, die das Klima ungünstig verändert Habens 
gestaltet sich sehr schwierig. — Von dem Gipfel des Olymp soll sich 
übrigens bei klarem Himmel der Fernblick bis zum Schwarzen Meer 
erstrecken. 
Ist man der Sprache mächtig, so bat, wie der Redner sagte, 
der Umgang mit der türkischen Bevölkerung großen Reiz. 
Man kommt dem Fremden höflich und gesittet entgegen und übt 
Gastfreundschaft nach orientalischem Begriff. Einzelzüge sind 
hierfür bezeichnend. Einer jener Brussaer Bauern, die irr ihren 
Obstgärten ein gottergebenes Leben führen, bewirtet den Zufällig 
Vorübergehenden wie selbstverständlich mit Kaffee und der Wali 
von Brüssa läßt gleich Zweihundert Briefe schreiben, um dem 
allerdings von der Regierung empfohlenen Reisenden in jeder 
Weise entgegenzukommen. 
Der Aufenthalt Dr. Klinghardts in Bruffa fiel in den Faste n- 
monat, den Monat Ramasan.^Zu dieser Zeit ist in den Nächten 
alles auf den Beinen; man sitzt in den Kaffeehäusern umher 
oder besucht die unseren Marionettentheatern verwandten Ver 
gnügungsstätten, in denen volkstümliche Schattenspiele vorg^ 
führt werden. Die Minaretts der Moscheen sind mit Oellämpchen 
verziert, zu denen sich zahllose Kerzen und Lampen gesellen. Sie 
erzeugen ein wahres Lichtmeer, das in die Stimmung von Tau- 
sendundeine Nacht versetzt. Lr. 
Ab) , 4 
--- HochsLsprsrMme. In den Großen Luna-LMspielm werden 
gleich zwei HoÄkwlerMme auf einen Schlag vorgesührt. Vor 
den historischen PrunWmen. die neuerdings modern geworden 
sind, haben immerhin den Vorzug, daß sie keine sorg ältig MA- 
ten Szenen, keine ausgefeilten Handlungen zeigen, die man eben 
so gut im Theater sehen könnte, sondern spannende Geschehnisse 
aus dem ALLag improvisieren, und daß sie ferner auf die Darbie 
tung seelischer Gehalte zuaunsten der filmgerechren Wied rgabe > 
ich einhasten Oberfläch enlebens verzichten. Liebesüffärea und krimi 
nelle Begebenheiten gehen in beiden Filmen ihren Pakt miteinander 
-ein und an Hoteldieben, Spielklubs, zweifelhaftem G lichter und 
verständnisvollem Augenzwinkern wird nirgends g spart. In dem 
Film „Der Frauenkönig" wandelt sich ein hoffnungsvoller 
Friseurjüngling und Liebling der Damm Zu einem eleganten .Ba 
ron", der aber schließlich trotz bedenklicher Lebensführung ^och 
noch einer Läuterung fähig Zu sein scheint. Der andere Mm: 
„Die Männer der SyöiU" mit Ltza Mara in der Haupt 
rolle, spielt annähernd in demselben Milieu; auch hier Lockstap mde 
Spießgese^, die in das Gehege der Gesellschaft einörechm und 
durch ibr- dunklen Aben-ucr schwer Zu lösende M'wkrun^ au ey- 
ten. Nimmt man den Kitsch als Kitsch, so mag man hi.tte m 
Schaibenspiel seelenloser Figuren, unwirklicher Ereignisse Zch 
smtimmtüler Schlüsse ^inen tieferm Sinn suchen und finden e 
Aufnahmen sind im allgemeinen gut; besonders einige nü, ch^ 
SLraßmszenen verfehlen nicht ihre Wirkung. r^e. 
Aus der Biedermeierzeit. 
Briefe der Cleophea Bans a. 
In der Bücherreihe „Frankfurter Lebensbilder" (Verlag 
Englert u. Schlosser, Frankfurt) ist jetzt unter dem Titel: „E in 
Lebensbild in Briefen sus der Biedermeier 
zeit" die Briefsammlung der Cleophea Bansa erschienen, 
deren Jugend noch in die Zeit der Napoleonischen Kriege fiel. 
Die Briefe, die hauptsächlich der ersten Hälfte des 19. Jahr 
hunderts angehören, vergegenwärtigen das Leben der bekann 
ten Frankfurter PatrizierfamWe; auch die engere und weitere 
Zeitgeschichte klingt in ihnen auf und manche Träger berühmter 
Namen, so die Humboldts und Lassalle, wandeln vorbei. Ihr 
Hauptreiz besteht wohl darin, daß sie das Wesen der. klugen 
und liebevollen Schreiberin selber unmittelbar Widerspiegeln 
und einen menschlichen Feinsinn bezeugen, der heute nahezu 
ganz aus der Welt entschwunden scheint. Den folgenden Brief, 
der aus ihrer glücklichen Reifezeit stammt, schreibt sie im Jahre 
1837 an ihren in England weilenden ältesten Sohn Gottlieb^ 
„Es ist alles still um mich, nur Julius spielt hinter mir 
Clavier; kein Frühöesuch stört mich am kalten Wintertag, und 
SiMWMLMW-SsrsMMsz. 
Sitzung vsm 26. November. 
22 Zu Beginn der Sitzung beschwerte sich Stadtv. Lang 
(Komm.) darüber, daß neuerdings für die Z u h ö rr rt r i b ün e n 
nur eine beschränkte Zahl von Karten an die FrEionen ausgegeben 
werde; ferner beantragte er, auch seiner Fraktion eine Abschrift der 
stenographischen Protokolle Zu überlassen und beklagt sich über die 
angeblich unrechtmäßige Vorenthaltung des FrakLionszimmers. Vor 
sitzender Hops betonte, daß die Kartenbeschränkung sich als not 
wendig erweise, da Stadtv. Lang mit ihnen Mißbrauch ge 
trieben habe, und wies auch die anderen Beschwerden des Vor 
redners zurück. Stadtv. Heiß Wolf (Soz.) drückte seine Ueber 
einstimmung mit den vorn Vorsitzenden vertretenen Beschlüssen des 
AettLsten-Aüsschusses aus. Nach weiteren erregten Aeußerungen 
des Stadtv. Lang bemerkte Stadtv. Landgrebe (Lib.) noch, 
daß das Haus der Fraktion des Herrn Lang stets ein Entgegen 
kommen gezeigt habe, das nicht selten weit über das erträgliche 
Maß hinausgegangen sei. Er billige das Verhalten des Vorsitzen 
den. Auch die Versammlung stimmte den Beschlüssen des Aeltesten- 
Uusschuffes zu. 
Vor Eintritt in die Tagesordnung legte Stadtv. Korff,? 
(Dem.) dagegen Verwahrung ein, daß bei Totenfeiern den 
Vereinen Friedhofsgebühren abgefordert werden. Er bat 
den Magistrat, die Friedhofsordnung daraufhin durchzusehen. 
Oberbürgermeister Voigt begründete die Gebührenerhebung, er 
klärte aber, daß in bestimmten Fällen auf Antrag Erlaß eintreten 
solle. 
Mehrere Magistratsvorlagenan der Spitze der Tages 
ordnung wurden debattelos erledigt. Die Vorlage über die Er 
haltung des Licht- und Luftbades Sachsenhausen wurde nach 
kurzer Diskussion an den Stistungsausschuß zurückverwiesen. Zur 
Vorlage über die Erhöhung der Dienstbezüge der Beamten usw. 
bemerkte Stadtv. Frl. Dr. Schultz (Dem.), daß die Gehälter 
der Beamten und Angestellten in keinem Verhältnis 
zu den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen stünden. Von 
der berühmten Rentemnark habe man bisher noch nichts gesehen. 
Die Rednerin stellte namens ihrer Fraktion einen Antrag, in dem 
u. a. die Auszahlung eines Teiles der rückständigen Gehälter in 
wertbeständigem Geld gefordert wird. Stadtv. Schnei 
der iSoz.) schloß sich diesem Antrag an und befürwortete seine 
Ueberweisung an den Organisationsausschuß, damit er dort auch 
noch auf die Arbeiter ausgedehnt werde. Stadtv. Merten 
(Zentr.) unterstützte ebenfalls den Antrag. Nach Ausführungen 
des Stadtv. Lang wies Stadtrat Pros. Bleicher darauf hin, 
daß die Beschaffung wertbeständiger Zahlungsmittel in der Vor 
woche daran gescheitert sei, daß Goldanleihe nicht verfügbar war. 
Auch die Rentenmark komme vorerst nicht zur 
Ausgabe. Der Antrag ging an den Organisations-Ausschuß. 
O 
Für die Fundierungsarbeiten am Neubau der Alten Main 
brücke wurden 10 OM GoldmarL bewilligt. 
Die beiden letzten Erhöhungen der Straßenbahn 
- fahrPreise fanden nachträglich Genehmigung Desgleichen 
wurde einem Antrag des Stadtv. Pros. Dessauer (Zentr.) auf 
Ermäßigung-der Straßenbahnpreise für die Frankfurter 
Aerzte einstimmig stattgegeben. 
.Zu dem Bericht des Organisations-Ausschuffes über Kün 
digung der regulativmäßi gen Anstellung her 
Arbeiter lag folgender, von Stadtv. Schneider (Soz.) be 
gründeter Antrag der soMldemokratischen Fraktion vor: 
„Wir beantragen, die SLadtverordnei-en-Versammlung wolle 
dem Beschluß des Organisations-Ausschuffes vsm 16. Oktober 
1923 Zustimmen, der dahin geht: Die Stadtverordneten-Versamm- 
lung sieht in der Vorlage des Magistrats eine Bestätigung ihrer 
Auffassung, daß die vom Magistrat einseitig erfolgte generelle 
Mnöigung nicht ohne Zustimmung der Stadtv er- 
ordneten-Versammlung hätte erfolgen dürfen. Sie 
stimmt nunmchv der jetzigen Vorlage des Magistrats und der 
reuen Fassung des Regulativvertrags mit der Maßgabe zu, daß 
n 8 3 des Vertrags die Worte „und Versorgungsämter" ge- 
trichrn werden. Sie fordert weiter, daß die gleichen Vergün- 
Ligungen. die der neue Vertrag enthält, auch den übrigen städri- 
Hea Arbeitern und Arbeiterinnen unter denselben Voraus- 
etzungen und von dem gleichen Zeitpunkt ab gewährt werden." 
Stadtv. Frl. Dr. Schultz (Dem.) erklärte, daß der Magistrat 
garnicht daran denke, den neuen Vertrag auf alle Arbeiter und Ar 
beiterinnen auszudehn-en. Außerdem sei damit zu rechnen, daß 
der Reichsmantebtarif von Jahr zu Jahr schlechter werde. Schließ 
lich muffe man dem Magistrat das Recht bestreiken, einen bestehen 
den Vertrag einseitig zu ändern; solche Aenderung könne nur dann 
Rechtskraft erlangen, wenn die Stadtverordnetenversammlung ihm 
zustimme. In ihren weiteren Ausführungen vertrat die Rednerin 
entschieden das Recht der regulativm-äßig Angestellten und befür 
wortete den Antrag des Organisations-Ausschuffes, der fordert, 
d<ch üe Rechte deZ Regulativvertrags seinen bisherigen Inhabern 
wieder gewährt werden sollen. Stadtv. Kirsch (Kom.) unter 
stützte diesen Antrag, auch Stadtv. Landgrebe (Lib.) stimmte 
ihm ? r. Stadtv. Nelles (ZLr.) trat gleichfalls der Auffassung 
der Vorredner bei und wünschte außerdem, daß alle diejenigen die 
noch nicht die Vergünstigung des Regulativ-Vertrags genießen, 
ihrer teilhaftig werden möchten; er pflichtete darum dem letzten 
WfchniLt des sozialdemokraLischen Antrags bei. Stadtrat Dr. 
Schmude erklärte, daß je nach der Beschlußfassung der Ver- 
sanmckuna, der Magistrat erneut Zu der Frage Stellung nehmen 
werde» Im übrigen sei er bereit, Anregungen aus der Versamm- 
krng entgegenzunehmen. 
Der sozialdemokratische Antrag wurde in der Abstimmung an 
genommen. 
Der Organisationsausschuß beschloße dem Maaistratsantrag auf 
Schließung des Pfandhauses nicht stattzugeben. Er 
beantragte Erhöhung der Mnderzinsen und Neuregelungen, die im 
Einklang mit den heutigen Verhältnissen stehen. Diesem Antrag 
wurde zugestimmt. 
Mit einer Eingabe auf Gewährung eines Lohnausgleichs an die 
Mitglieder der Erwerbslosenkommission soll sich auf Antrag des 
sozialpolitischen Ausschusses das Arbeitsamt beschäftigen. 
Stadtv. Dr. Hanauer (Dem.) erörterte als Berichterstatter 
des Stiftungs-Ausschufles die 
Maßnahmen zm Sanierung der Ortskrankenkaffe. 
Stadtrat Schlosser betonte, daß der Magistrat seine Be 
mühungen für die Sanierung der Ortskrankenkaffe fortzusetzen ge 
denke, hierzu aber nicht in unbegrenztem Maße fähig sei. Schon 
in der nächsten Woche könne vielleicht die Balance zwischen Ein 
nahmen und Ausgaben erzielt werden, was hoffentlich auch für die 
Dauer möglich sei, falls nicht jede kommende Woche eine hundert-' 
prozenüge Dollarsteigerung bringe. War die OErankenkcUe 
sicherlich zu ihrem eigenen Bedauern, genötigt, zu Mimmalleistun- 
gen zurüchukehren, so wird sie auf Grund der jetzigen Maßnahmen 
bald wieder ihre Leistungen erhöhen können und 
muffen. An Aerzte und Patienten ist freilich die Mahnung zu rich 
ten, daß sie die Tätigkeit der Ortskrankenkaffe in jeder Weise unter 
stützen. Zu begrüßen hat man es auf alle Fälle, daß Lei den Ein 
sparungsmaßnahmen die freie Aerztewahl nicht amgetastet wurde. 
Ein Aböau-ihres Verwaltungsapparates^wird^der Ortskranken-
	        
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