brödelfilm Vergers usw.) und Gesinnung allein tut es noch nicht.
Gerade die richtige Tendenz hätte sich vor UnbilliKeiten besonders
zu hüten.
Man mag erwidern, daß es sich hier um einen Propaganda
film handle, die in ihm beliebte Methode der schematichen Verein-,
fachung ist indessen leider heute eine allgemein angewandte Form
der Darstellung geworden. George Grosz hat sich auf sie beschränkt,
Piscator ste ausgebaut. Man benutzt Menschen dazu, um Gesin
nungen zu demonstrieren, statt daß sich die Gesinnungen aus dem
Verhalten der Menschen ergäben. Man plakatiert, statt zu gestal
ten; man stellt Gerüste auf, ohne ste auszufüllen. Aber Gesinnung
ersetzt nicht Substanz.
Gerade die Russenfilme — nicht zuletzt der gestern ge
zeigte: „Der Kellner vom Palasthotel" — klären darüber auf,
woran es der zweidimensionalen Karikatur gebricht. Ohne Zweifel
ist es den Russen vorwiegend um propagandistische Wirkungen zu
tun. Niemals jedoch entleeren sie um ihretwillen die WirkUchkeir,
verleugnen ste die Liefendimenston. Selbst die Anhänger des zari
stischen Systems sind noch Menschen. Darum rütteln die Russen
filme nicht nur vorübergehend auf, sondern halten wach. Die Ge
sinnung hat in ihnen Träger.
das beste Herz der Welt verbindet. Carmen Bon: verleiht dem
Geschöpf die gerade in der Verwahrlosung besonders bestechenden
Reize und das eckige, leicht freche Wesen. Sie macht nette X-Beme
und die Haare fallen ihr lustig über die Stirn. Freil^ um als
rechter Gamin zu überzeugen, müßte sie noch losgeloiter fern, Bon
ihrem Werdegang nur soviel, daß sie sich einem ^ngeni.ur rns
^erz Meistert, den Livio Pavanellt mit eurer dicken Sanger-
Bonhommie verkörpert, die auf die Dauer genau so schwer er
träglich ist wie Liedtkes Lächeln. Auch H^s ^unkermann
feirt herein. Der Film enthält einige rcgrcmaßrg begabte Szenen
und geizt zum Glück nicht mit den Straßen und Monumenten
RomS, die er in Fülle zu Hintergründen verwendet. Carmen
Boni schreitet vor ihnen wie eine Braut über dre rhr gestreuten
Blumen. — - tiaca.
Uokksveröand für Mmkrmst.
Lr- Frankfurt, 80. April.
Die Frankfurter Zweiggründung des Vo lks v erba n d s
für Filmkunst, über dessen erste Berliner Veranstaltung wie
seinerzeit berichtet haben, trat am Sonntag hier vor die Öffentlich
keit. In einer kurzen Ansprache unterrichtete LeoLanLa (Berlin)
über die Ziele des Verbands. Sie find der Unterstützung wert.
Widerstand gegen die üblichen deutschen (und ausländischen)
Durchschnittsfilme — auf die künstlerische und gesinnungsmäßige
Erbärmlichkeit unserer Durchschnittsproduktion ist gerade in der
„Frankfurter Zeitung" immer wieder hingewiesen worden —
bekanntlich den Volksverband ins Leben gerufen. Er ist wie die
Volksbühnengemeinschast als Konsumenten-Organisation gedacht;
d. h. er will die anständigen Elemente des Publikums sammeln,
jene, die den herrschenden Filmbetrieb satt haben und mit ihrer
Hilfe den öffentlichen Geschmack wandeln.
Seine Parole: Gesinnungsfilme statt der Ge-
schastssilmeist plan und gewiß nicht eindeutig, mag aber zur
vorläufigen Orientierung genügen. Beabsichtigt ist zunächst eine
Reform der W o ch ens ch au. Die heute verabfolgten Wochenschau
rationen sind durchweg ein unverdauliches Bildgemenge aus Sport
ereignissen, Einweihungen, Erdbeben und anderen Explosionen, das
der Konfusion entstammt und von hellsichtigen Filmkonzernen ge
braut wird, um blind zu machen. Es käme darauf an, den Typus
einer Wochenschau zu schaffen, die nicht wie die bisherigen von den
wirklichen Zuständen wegblickt, sondern sie vergegenwärtigt. Der
Volksverband hat sich an ihr bereits versucht, indem er aus dem
vorhandenen Bildmaterial behördlich genehmigter Wochenüber
sichten eine Auswahl in seinem Sinne traf. Ihrer aufreizenden
Wirkung wegen hat der Zensor diese neue Zusammenstellung
pronrpt verboten. Es ist gefährlich, die Kamera nach der richtigen
Seite zu lenken. — Außer der Wochenschau, die etwas anschaut,
sollen noch wertvolle Filme vermittelt werden. Später hofft man
zu einer eigenen Produktion Zu gelangen.
H -
Der Illustration dieses Programms diente ein kleiner Vor
spannfilm, der mit Beispielen und Gegenbeispielen arbeitet,
die den Bildarchiven entnommen sind. In optischen SLichworten
zieht vorüber, was endlich abziehen sollte: Ansichtskartenzauber aus
Alt-Heidelberg und vom Rhein, MMärkitsch, leerer Prunk der
Paraden. Sehr geschickt geschnitten, man lacht. Als musterhaft her
aufbeschworen werden dann einige Fragmente aus den großen
Filmen Chaplins und der Russen.
Eine Miniaturrevue ä la Piscator, die ein wenig grob
schlächtig verfährt. Sie vergleicht die Elite der „Gesinnungsftlme"
mit dem Ausschuß der „Geschäftsfilme"; aber es gibt auch gute
GesaMsfilme (z. B. ein paar Filme von Lubitsch, der Aschen«
Die Durchgangerin. Dieser einem Stück von Ludwig
FulLv gedrehte Film des G l o r ra - Pa l a st s ist inhaltlich ein
antiquierter Schmarren. Nichts peinlicher in unserem Kinobetrieb
als die Armut an Stoffen und Manuskripten, die dazu zwingt,
Mere Dinge zu verfilmen, nach denen kein Hahn mehr kräht. Die
Armut rührt übrigens einfach daher, daß man nicht die Kurage hat,
die Gegenwart vors Objektiv zu stellen, die wahrhaftig reich genug
an Problemen und Ereignissen wäre. Aber um sie zu kurbeln,
mühte man unter Umständen die Wahrheit zeigen . . . In dem
Zuldafilm handelt es sich darum, daß ein Oberregierungsrat eine
Fvau hat, die ihn betrüg!; was der Gute nicht merkt. Dafür merkt
er, daß sein Töchterchen mit einem jungen Mann anbändelt, und
verleugnet in seiner moralischen Empörung das Mädchen. Die
Meine heiratet den Jüngling und geht mit ihm nach Amerika, wo
sich die Beiden im Hand- und Filmumdreken 500 000 Dollar ver
dienen. Solche kruden Unwahrschein!^ werden ohne Scheu
aufgetischt. Für lven? Für die kleinen Ladenmädchen, die sich in
ihrer Phantasie daran berauschen sollen. Am Schluß verläßt dann
die Ehebrecherin ihren Oberregierungsrat, der noch ein spätes Glück
als Papa des jungen Amerika-Paares findet. Voilä. Hanns
Sch warz, der sich zur Verfilmung dieser albernen Fabel berge
geben hat, ist ein hochbegabter Regisseur. Leider hat er die Dumm
heit des Textes zu wörtlich genommen, statt sie genügend mit
Ironie zu unterlegen. Es ist auch eines guten Regisseurs un
würdig, in einen solchen Film technische Details des Ozeandampfers
einzuschmuggeln, um die banale Tatsache einer Ueberfahrt M ver
anschaulichen. Aber sonst hat Schwarz ein paar rei ende Einfälle
angebracht. Glänzende Ueöergänge; sehr geschickt die Veranschau-
lichung'des häufigen Berufswechsels des Pärchens; gewandte Ent
wicklung, der Interieurs. — Wenn der Besuch des Films trotz
seiner vielen Torheiten dennoch zu. empfehlen ist, so um Käthe
v o n N a g y s willen, die den Backfisch spielt. So ein entzückendes
Mädchen ist lang nicht in deutschen Mmen erschienen. Ihr Trotz,
ihr Lachen, die mimische Gestaltung des Temperaments — das ist
ursprünglich und zugleich gekonnt. Wie sehr Wenrifft die Nagy
an Natur die Bergner, die in dem „Geiger von Florenz" zu Be
ginn eine ähnliche Rolle zu bewältigen hat. Ihr Partner ist der
beliebte Hans Brausewetter, der leider zu dick und pomadig
geworden ist. Jean Dax ist vorzüglich in der Maske des höheren
Beamten der neunziger Jabre, Karl Ptaten der vornehme Die
ner mit Herz. Genannt seien noch die pikante Vivian Gib son
und Adele Sandrock, die immer noch ihre Frau stellt (oder
soll man sagen: ihren Mann?). — Der Film des Beiprogramms:
„B u b i s W o ch e n e n d" ist einer jener scheußlichen anretitanischen
Kinderfilme, in denen Kinder dle dümmsten Späße machen müssen,
um die Sentimentalität der Erwachsenen M befriedigen. Es wäre
an der Zeit, daß man mit den amerikanischen Kurzstücken dieser Art
endlich Schluß ^nachte; ste sind roh und gemein. kaca.
— Das Mädchen von der Straße. Dieser Film der Bisber-
bau-Lichtspiele ist nach einem bekannten italienischen
Lustspiel gedreht (das sogar vor etlicher Zeit auch einmal in
Frankfurt gezeigt worden ist). Zcampolo, d. y Lümpchen, wird
seine Heldin genannt. Sie ist ein Gaffenmädchm, das in den
Straßen Roms aedciht und mit den Manieren eines Lausbuben