er, und nicht auf das Klatschen.
scheint man sehr aufpassen zu Gründen, sondern bedaure nur, in ihrem eigenen Interesse, daß
' sie ineinemfort nackt zusammen sind. Daß sie aus unserer Unkultur
erwarteten Darbietungen selber. lnrausverlangen — wie gut ist es Zu begreifen! Aber ihre prin-
gezogen, und heraus springt ein zipielle Nacktheit ist sa keineswegs eine reinere Natur, sie ist viel-
Auf die Tat komme es an, sagt
Wo so viel Weltanschauung ist,
müssen,
Es folgen die mit Spannung
Die Schneegipfct werden beiseite
„HM schön, haben die'.Herrschaften schon unser neuestes Heft:
Freude am Körpers
So fragt im G r o ß e n S cha u sp i e lha u s ein halbwüchsiges
Mädchen mit Zöpfen, das die Körperfreude in einem ähnlichen
Ton verkauft wie Zündhölzer, Schnürriemen oder Blumen. Zahl
lose Menschen füllen das Theater bis unters Dach. Was hat sie
an dem strahlenden SonntagworgLn herbergelockt?'Eine F r e i -
As r'ch erku! Ärbnter,'./Angestellte,' kleine'. B§-
amtt — dichtgedrängt sitzen sie teils Mischen den Stalaktiten
Poelzigs, teils zwischen den Dekorationw Zum Meißen RM,
schön gemalten Almen und GebirgSdörfern, die sich rundum ziehen.
Mich wundert nur,
Bor den dunklen Waldhintergrund M der offenen Bühns, Wer
dem die Schnsegipfe! gleißen, tritt Herr Adolf Koch» der Letter-
der fozialpädagogischeu KorperkulLurschulL, und begrüßt namens
aller möglichen angeschlossenen Verbände die anwesenden Abgeord
neten, Schulräte, sozialistischen AerZts, Pressevertreter und über
haupt das ganze Publikum. Herr Koch Mahlt uns, daß die kleine
Sekte derer, die sich um 1900 Zum nackten Körper bekannten, Heute
Zu einer Massenbewegung anaewachsen sei, nennt Ziffern von
erstaunlicher Höhe und befaßt sich dann in der Hauptsache mit den
Zielen der so zie l i sti s ch § n F r s i k ö r p e r k u l L u rh e w e-
g u n g. Dieses Wort ist genau so umständlich Zusammengesetzt wie
die Ziele selber. Wären sie nur hygienischer Art, man müßte
sie mit Freuden b e s ahe n; denn nichts ist erwünschter als Vor
kehrungen, die der werktätigen Bevölkerung zur Gesundheit ver
helfen. Aber die Freikörperkultur begnügt sich nicht mit
Gymnastik, Brausen usw„ sondern begibt sich noch dazu aufs höhere
Gebiet der Weltanschauung. Man kann bei uns kaum eine Zahn
bürste einkaufen, ohne gleich eins Weltanschauung als Dreingabe
zu erhalten. Aus Weltanschauungsgründen also erMren Herr Koch
und seine Jünger der Badehose den Krieg. Die Badehose, sagt
Herr Koch, ist ein Aberglaube, der bekämpft werden muß. Nacktheit,
sagt er ferner, ist Ehrlichkeit innerlich und äußerlich. Und Zum
Ruhme der Nacklerziehung weiß er nichts Besseres Zu sagen, als
daß durch sie all das Schwüle fortsalle, das in der Pubertätszeit
sonst Wer die Wenschen komme, er preist das badehoselofe Bei
einander wie eine Porwegnahme des Paradieses hie^
Metaphysik der Nacktheit, die ihn übrigens auch zu der Auffassung
verführt, die Freikörperkulturbcwe sei ein Bollwerk gegen die
kulturpolitische Reaktion in Deutschland.,
Begeisterte Zuhörer klatschten an verschiedenen Stellen des Vor-
trags, ohne in ihrer Ahnungslos mit der WeltanM ge
rechnet Zu haben, die ihm aus allen Poren quillt. Eben aus Weltt
ansKauung nämlich lehnt Herr Koch kategorisch das Klatschen ab.
nacktes Mädchen, das in Unschuld sein gymnastisches Können Zeigt.
Andere nackte Mädchen springen ihr nach, und dann treten mehrere
Jünglinge auf, wie Gott sie geschaffen hat, und haben ebenfalls
Freude an ihrem Körper. Ein wenig später/und beide Geschlechter
üben gemeinsam. Als einzig Lekleideter m diesem Garten Eden
sitzt Herr Koch am Klavier und gibt seinen Eleven die Tempi an.
Manchmal entfesselt er die Gruppen Zu bacchantischer Wildheit, um
sie danach sofort wieder Zu sänstigen, wie es der Hygiene entspricht.
DaS sagt sich/hüpft, legt den Körper nach rechts und nach links
und verschränkt die Arme hinter dem Nacken. Zuletzt geht eine Art
von Massendemonstration der Nacktheit vonstatten.
Gegen Zweihundert Körper bevölkern das Podium, männliche und
weibliche, junge und alte, kunterbunt durcheinander. Einige häß
liche Exemplare sind in den Hintergrund abgeschoöen worden, aber
man sieht leider Loch, was man besser nicht sahe: überschäumende
Brüste, dicke Beine, ausgemergelte Leiber. Ihr Anblick, den die
Humanität verböte, scheint die Beteiligten nicht weiter zu stören.
Vergnügt hopsen sie alle nach Vorschrift he m, singen sich ein
Liebchen dazu und treiben überhaupt ihre gatt^ Freikörperkultur
mit' der seligen Unbefangenheit von Kindern. — — — ..
Ich weiß nicht, ob es anderen Zuschauern bei der Matinee so
ergangen W aber mich hat das Mitgefühl mit diesen Menschen
ohne Badehose erfaßt Es sind vermutlich zum überwiegenden Lei!
geplagte weM sich durch das Bekenntnis zur
Nacktkultur ihren Anteil an der Lebensfreude zu erobern hoffen.
Werden sie ihn auch wirklich erhalten? Mir scheint viel eher, daß sie
sich durch das ständige Abstreifen des Lendenschurzes um entschei
dende Freuden betrügen.
Nicht so, als ob der Einwand der Mucker zuträfe, nach dem
der nackte Körper angeblich sündhaft ist. Er ist es nicht, und gerade
dann, wenn man ihn gewohnheitsmäßig zur Schau trägt, wird
kein Anblick am allerwenigsten die Lüsternheit wecken. Im Gegen
teil: dieser AM die Sinne nur über das gebotene
Maß hinaus ab. Das aber ist genau die Gefahr, der die Anhänger
des NaLLkultes leicht unterliegen. Um so willfähriger unterliegen,
als sie den Kampf gegen dis arme Mne Badehose mit weltt
anschaulichen Argumenten führen, die sie am freien Umblick ver
hindern.
Nacktheit ist Ehrlichkeit, meint Herr Koch. Wer zeigt man denn
seine Seele immer nackt und spricht man von allem Zu allen?
Man tut es mit Recht keineswegs und verzichtet auch mit dem
gleichen Hecht gemeinhin auf die völlige Entblößung des Körpers.
Das ist nicht etwa der Prüderie Muschreiben — die Prüderie
übertreM höchstens das legitime Verlangen der Menschen, sich nur
bei besonderen Gelegenheiten wechselseitig zu offenbaren.
: Wenn die Fre^ die Nacktheit zum Grund ¬
satz erhebt, so schüttet sie, wie ich fürchte, das Kind mit dem Bade
saus und Legt mit der Badehose Empfindungen ab, die nicht un
gestraft verletzt werden. Einen Beweis hierfür erblicke ich in der
Feststellung von Herrn Koch, daß durch das nackte Zusammensein
während der Pubertätsjahre die Schwüle beseitigt werde, die in
dreier Zeit heraufzuziehen M die Erfahrungen, die er
als Schwüle entwertet, nicht ein kostbares Besitztum erwachender
Menschen? Und so machen noch andere Regungen den Menschen
zum Menschen, die dort zu ersticken drohen, wo die Nacktheit Zum
Mäaa.wird.. . -
Ich will nicht falsch verstanden werden. Ich protestiere nicht
gegen die Freunde der Nacktkultur aus sogenannten moralischen
mchr lediglich das Widerspiel des mechanisierten Lebens, dem sie
entrinnen möchten. Und dadurch, daß sie ihre Körper mit philo
sophischer Konsequenz hüllenlos voreinander preiZgeben, ver
armen sie sich freiwillig und erschweren sich den Eintritt in
manche realen Beziehungen, die unter anderem auch der leiblichen
Scham bedürfen.
Arme, kleine Badehose — man sollte sie wenigstens nicht aus
Weltanschauung fallen lassen» S.
Kampf gegen die Badehose.
Berlin, Ende März.